Nackte GALier

Grüner Wahlkampf mit nackten Wahrheiten. Sogar Krista-Sager-Plakate wird es geben  ■ Von Silke Mertins

Der kühlen Norddeutschen wird ganz kuschelig zumute. „Es hat diese Wärme“, schwärmt die grüne Spitzenkandidatin Krista Sager. Sie meint das „Sepia“, die bräunliche Grundfarbe der GAL-Wahlkampfplakate, bekannt von alten Fotos. Auch das Zusammenspiel von Optik und Inhalt sei einfach „optimal“. Kurz: Die gestern vorgestellten Plakate der Serie „Hamburg blüht auf“für den Stimmenfang gefallen ihr. 2000 Exemplare werden in Kürze die Straßenränder zieren.

Die nackte Wahrheit wird von nackten Menschen präsentiert. Hüllenlos will ein Krabbelkind mit Bauklotz in Rathausform die Stadt „umbauen“. Nur mit einer Sonnenblume bekleidet scheinen zwei Schwule einander das Jawort geben zu wollen. Ein schöner nackter Jüngling fordert auf türkisch „Stimmrecht“. Ein anderer Nackedei versteckt sich halb hinter einer Tapete: Darauf können ab Mitte des Monats grüne Veranstaltungen gekritzelt werden.

An Grenzen geht allerdings höchstens das schwule Möchte-gern-Ehepaar. Der Mann mit Kind und Wäschekorb („Arbeit umverteilen“) erinnert dagegen eher an Wollwaschmittel-Werbung; das Plakat „Sonnenenergie“gar an Zahnpastareklame. Eine „emotionale Kampagne“sei das, begeistert sich Sager. Schließlich gehe es in der Politik um „Menschen“. Beziehungsweise deren Stimmen.

Etwa 100.000 Mark hat die Plakatkampagne „Hamburg blüht auf“, entworfen von der Grafik-Designerin Satu Helena Schneider, gekostet. Das ist knapp ein Drittel des von 570.000 (1993) auf 350.000 Mark geschrumpften Wahlkampfetats. Die SPD hat 1,5 Millionen zur Verfügung, die CDU 1 Million.

Ein Blickfang sind die Plakate mit ihrer modernen Ästhetik auf jeden Fall. Über Hamburger Themen allerdings informieren sie nicht. Die Motive wären in anderen Wahlkämpfen recyclebar – ein Beitrag zum sparsamen Umgang mit Ressourcen.

Die Frankfurter Grünen sind in ihrem Kommunalwahlkampf einen anderen Weg gegangen. Sie zeigten Kinderfotos ihrer Promis mit Aufschriften wie „eigensinnig“und „engagiert“. Das kam an.

Immerhin darf Krista Sager in diesem Wahlkampf zum ersten Mal ihr Gesicht auf Plakaten zeigen. In der Veranstaltungsreihe „Krista trifft...“ist sie wahrscheinlich mit Sofa vor den Landungsbrücken zu sehen. Doch die Plakate werden nur in Stadtteilen wie Langenhorn mit Blick aufs bürgerliche Publikum geklebt.

Mit der Trennung der beiden Kampagnen wollte man „einer innerparteilichen Diskussion vorbeugen“, erklärt GAL-Geschäftsführer Bernd Farcke. Denn auf Personenkult steht bei den Grün-Alternativen immer noch die Prügelstrafe.