Föderal gegen Scientology

Hamburg will sich auf der Innenministerkonferenz für die Beobachtung der Sekte durch den Verfassungsschutz aussprechen  ■ Von Marco Carini

Wenn das Thema auf die Psycho-Sekte „Scientology“kommt, formuliert Hamburgs Innensenator gern vorsichtig. „Ich halte mir diese Entscheidung noch offen“, so Hartmuth Wrocklage (SPD) gegenüber der taz auf die Frage, ob er für eine Beobachtung der Scientology-Sekte durch den Verfassungsschutz plädieren wird. Auf der Innenministerkonferenz in Bonn am Donnerstag und Freitag wolle er erst „sämtliche vorgetragenen Argumente gewichten“, bevor er endgültig Position beziehe.

Doch hinter den Kulissen ist nach Informationen aus der Innenbehörde eine Vorentscheidung schon gefallen. Demnach dürfte sich Hamburg den Bundesländern anschließen, die den Verfassungsschutz auf die deutschen Dependancen der US-Sekte ansetzen wollen. Die Leiterin der innenbehördlichen Arbeitsgruppe Scientology, Ursula Caberta, hat sich gegenüber ihrem Chef Wrocklage bereits seit geraumer Zeit dafür stark gemacht.

Im vergangenen November hatte die Innenministerkonferenz die Verfassungsschutzämter des Bundes und der Länder beauftragt zu prüfen, ob die Beobachtung der JüngerInnen des Sektengründers L. Ron Hubbard geboten sei. Der inzwischen vorliegende Bericht kommt zu einem eindeutigen Ergebnis: Der mit einer Abkehr von pluralistischen Prinzipien einhergehende ideologische Alleinvertretungsanspruch der auf Weltherrschaft ausgerichteten „Church“mache eine Beobachtung notwendig, befanden die an einer Ausdehnung ihres Tätigkeitsbereiches interessierten VerfassungsschützerInnen.

Doch weil in der Innenministerkonferenz, die am Freitag ihre Entscheidung bekanntgeben will, Einstimmigkeit gefordert ist, gilt es als völlig offen, ob es zu einer bundesweiten Durchleuchtung der Scientologen kommen wird. Während neben den Verfassungsschutzämtern auch die Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Bayern und Baden-Würtemberg für die Beobachtung votieren, lehnen Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) und Schleswig-Holstein die Überwachung ab. Auch die StaatssekretärInnen der Innenministerien, die sich am vergangenen Mittwoch über das Thema die Köpfe heiß redeten, konnten sich nicht zu einem gemeinsamen Statement durchringen. Sie leiteten die Frage kommentarlos an die MinisterInnenrunde weiter.

In der Hamburger Innenbehörde laufen – natürlich inoffiziell – längst die Planungen für den Fall, daß sich die InnenministerInnen am Freitag nicht einigen können. Immer wahrscheinlicher wird nach Auskunft aus Behördenkreisen, daß die Hansestadt dann dem Beispiel Bayerns und Nordrhein-Westfalens folgen und die Hamburger Aktivitäten der Sekte auch ohne Segen aus Bonn ins verfassungsschützerische Visier nehmen wird.

Von solchen Alleingängen will Wrocklage allerdings offiziell nichts hören. Er setze weiterhin auf „die föderale Kooperation“, teilte der Innensenator der taz mit.