Suche nach Seele

■ Kante mit ihrem Debüt-Album „Zwischen den Orten“auf der Bühne des MarX

Manche Bands haben die Ruhe weg, die man herstellt und deren Flüchtigkeit sich betrachten läßt. Die dazugehörige Musik muß sich nicht nur anhören wie eine chemische Versuchsanordnung. Auf dem ersten Album von Kante geht die Chemie ab und zu in Szene-Politik über. Denn die Band begibt sich auf ihrem ersten Album Zwischen den Orten nicht nur auf eine Suche nach einer Seele, die dem ästhetischen Konzept seinen gefühlvollen Mehrwert sichern soll. Kante treiben etwas anderes als eine Reihe Postrockbands, die musikalische Mittel verhandeln wie Leute, die ihren Schweiß nicht mehr ausstellen wie Altvordere auf Bühnen, sondern einfach schön finden.

Bildhaft könnte man über Kante sagen: Ihre Musik schaut in Freundschaft herüber und wird von Leuten gemacht, die das meiste Wissenswerte über Schwäche, Scheitern und die sie umgebende Bemühung wissen, aus allen wichtigen Entscheidungen rausgehalten zu werden. Hinter ihnen liegen heilige Grabenkriege, deren Ergebnisse jetzt in ihnen ruhen. Seither zeichnet die Gruppe, von außen betrachtet, ein betuliches Machen aus. Oder das Vorhaben, psychogeographische Landschaften mit Musik Farbe bekennen zu lassen. Noch eher aber die Einsicht, daß Innenwelten und Beharrlichkeit nicht so weit auseinanderliegen müssen.

Zugeschriebene Eigenschaften wie „Verwandtschaft mit Postrock“klingen in ihrem Fall im Falle nach dem Versuch, in dem Moment, wo die Sache losgeht, etwas unwirsch Understatement zu beweisen.

Bei den Hamburgern gehören zur Vorgeschichte einige Jahre zwischen Tändeln und in Kompositionen eingelassene Breaks, die die Funktion hatten, sich mitten in einem Stück mangelnde Entscheidungsfreudigkeit vorzuwerfen. Zwischen den Orten bezeichnet dagegen keine Stelle im Stück, sondern eine räumliche Angabe: Weite in Deutschland ist ein Anblick, der sich links und rechts von Autobahnen ergibt. Tiefe ist ein Strecke, die man zurücklegt, wenn man in einen Container hineingeht.

Fast alle Titel verweisen auf das Unterwegssein. Vielleicht gehört zu den Vorhaben von Kante, sich vorzustellen, daß man unterwegs ist, weil bestimmte Abgrenzungen, wie man sie mal kennengelernt hatte, bloß noch den Effekt haben, einen salzsäulig rumstehen zu lassen. Statt dessen geht man auf andere zu: Ich begreife etwas von mir, indem ich ihn oder sie kennenlerne. So zeigen Kante, was schön geht: als Mahatma beim Arbeitsbesuch.

Die mit Kante auftretende, ebenfalls von dem Berliner Label kitty-yo mitaufgerichtete Gruppe Couch wird sich auf ihre Weise zu ähnlichen Themen äußern.

Kristof Schreuf

Mo, 9. Juni, 21 Uhr MarX