„Für Überraschungen gut!“

■ TuS-Walle-Trainer Lewicki über Chancen der Handball-Frauen in der nächsten Saison

Die Bundesliga-Handballsaison ist beendet. Der alte Meister TuS Walle landete auf dem vierten Platz – weit abgeschlagen hinter dem neuen Meister TV Lützellinden. Auch die Pokalendrunde war für eingefleischte Fans eher eine Enttäuschung – letzter Platz für die Handballfrauen vom Hohweg. Hinzu kamen endlose Querelen zwischen Manager Hans-Herbert Ludolf und Ex-Trainerin Marina Basanova, die schließlich vorzeitig beurlaubt wurde. Nach einem finanziellen Crash und dem Weggang einer kompletten Nationalmannschaft darf die verkorkste Saison nicht weiter verwundern. Wie es jetzt weitergehen soll am Hohweg, das fragte die taz den neuen Trainer Radek Lewicki.

taz: Herr Lewicki, Ihre Bilanz zur vergangenen Saison?

Unser Ziel war es, oben mitzumischen, Anschluß an die Spitze zu halten und einen europäischen Wettbewerb zu erreichen. Diese Ziele haben wir alle ereicht. Schließlich sind wir qualifiziert für den City-Cup und die Endrunde im DHB-Pokal. Leider sind wir nicht über die Außenseiterrolle hinausgekommen. Was stimmte, waren Moral und Kampfgeist. Das macht Hoffnung für die Zukunft. In der Meisterschaft haben wir uns 18 Minuspunkte engefangen. Aber wir mußten viele neue, junge Spielerinnen integrieren.

Welche der jungen Spielerinnen war denn die größte Überraschung?

Sehr gut entwickelt hat sich Silke Christiansen. Sie hat bewiesen, daß sie eine große Verstärkung für uns ist. Eine tolle Leistung auf dem Feld haben zudem Renate Zienkiewicz und Birgit Wagner gezeigt.

Ein Blick in die Zukunft – wer kommt als Verstärkung?

Bevor ich darauf antworte, möchte ich vorwegschicken, daß wir es ab der nächsten Saison mit zwei gravierenden Regeländerungen zu tun haben. Nach einem Tor darf sofort vom Mittelkreis weitergespielt werden. Man muß also nicht mehr warten, bis der Gegner zurück in seiner Hälfte ist. Das macht das Spiel schneller. Außerdem darf man nur noch wechseln, wenn man im Ballbesitz ist. Das wird noch ein großes Problem für unsere Abwehrspezialistinnen. Darum müssen neue Spielerinnen auch an diese taktischen Änderungen angepaßt werden.

Aber darum haben wir die Nationalspielerin Ulla Blixschlag aus Oldenburg eingekauft. Sie ist eine echte Verstärkung auf Linksaußen. Insgesamt starten wir dann mit elf Spielerinnen in die Saison. Meine größte Sorge ist darum, ob alle gesund aus dem Urlaub zurückkommen. Verletzungsprobleme können wir uns nicht leisten.

Selbst wenn keine krank wird: Reichen elf Spielerinnen?

Im Prinzip ist das viel zu wenig – vor allem, wenn man international spielt. Aber man muß Glück haben und viel kämpfen.

Wie geht es weiter mit der Dauerverletzten Dagmar Stelberg?

Ich hoffe, daß sie ihre Schulterverletzung in der Sommerpause auskuriert. Sie hat zwei Monate Zeit. Ich rechne fest mit ihr in der nächsten Saison auf Halbrechts.

Was Ihr ist Ihr Saisonziel in der nächsten Spielzeit?

Wir wollen im City-Cup vielleicht bis zum Halbfinale kommen. Und in der Meisterschaft weiter die Spitzen ärgern. Das hängt aber auch von den Finanzen ab.

Was wird den Trainer Radek Lewicki von seiner Vorgängerin Marina Basanova unterscheiden?

Ich will einige Neuerungen in der Taktik umsetzen und neue Spielzüge einbringen. Außerdem lege ich sehr viel mehr Wert auf das möglichst schnelle Umschalten von Abwehr auf Angriff. Ich will das Spiel von TuS Walle schneller machen. Das heißt für die Spielerinnen mehr Konditionstraining und läuferische Spielzüge. Schnelligkeit ist mein Hauptziel. Auch wegen der Regeländerungen.

Marina Basanova hatte enorme Probleme mit Manager Ludolf. Der ist jetzt auch noch offiziell ins Trainerteam eingestiegen. Befürchten Sie Probleme in der Zusammenarbeit?

Mit Sicherheit– die werden wir aber schön hinter verschlossenen Türen besprechen. Es gibt immer vernünftige Kompromisse.

Können Sie denn Ihren eigenen Stil durchsetzen, wenn Ihnen der Manager ständig ins Konzept hineinredet?

Ich habe die Verantwortung für Wettkampf und Training. Wenn es da zu gravierenden Problemen kommt, muß eine Seite die Konsequenzen ziehen. Ich will mit Ludolf kooperieren. Aber er muß mir meinen eigenen Stil lassen.

Sehen Sie die Chance in zwei, drei Jahren wieder ganz oben mitzuspielen?

Es ist möglich. Wir müssen kontinuierlich weiter junge Leute an Walle binden. Dazu brauchen wir aber auch wieder mehr Unterstützung durch Sponsoren und die Treue unserer Fans.

Werden Sie darum mehr Wert auf die Jugendarbeit legen?

Ich will ein konkretes Konzept für die A-Jugend entwickeln. Das muß dann aber dort ein anderer Trainer umsetzen. Das gleiche gilt für den Aufbau junger Torfrauen. Da habe ich aber jetzt Unterstützung durch unsere ehemalige Torwärtin Sabine Bothe.

Kleiner Tip – welche Mannschaft wird in der kommenden Saison Meister?

Zu den Top-Teams gehören weiter Dortmund, Lützellinden, Leipzig und Frankfurt/Oder. Ich tippe aber wieder auf Lützellinden. Wir sind aber auch für eine Überraschung gut, wenn auch nicht gleich für den Meistertitel.

Interview: Jens Tittmann