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: Wollüstig ausgelutschter Horror und ein Gesicht wie billiges Toastbrot: Nik Fiend und Alien Sex Fiend im Loft

Vorschlag

Wollüstig ausgelutschter Horror und ein Gesicht wie billiges Toastbrot: Nik Fiend und Alien Sex Fiend im Loft

Es macht puff. Der Nebel verfliegt, und ein bleichgesichtiges Etwas flattert auf. Muß wohl ein Außerirdischer sein, denn es singt: „Mummy comes from Venus, Daddy comes from Mars, I come from Uranus, I fly in stolen cars.“ Vor zwölf Jahren fuhr es zur Erde, dieses Dings, das sich Nik Fiend nennt. Seit zwölf Jahren tankt der Sänger mit seiner Band Alien Sex Fiend auf Bühnen das gestohlene Auto auf, das er aus Punk-, Industrial- und Techno-, aber auch recht abgehangenen Rock 'n' Roll-Elementen zusammengebastelt hat. Zeigt sich mit seiner Keyboarderin und langjährigen Ehefrau, mit Schlagzeuger, der mal Gitarrist war – und mit einem Gitarristen, der mal Schlagzeuger war. Dann schießt er wie ein Flummi ins All und spielt mit den Planeten Ball. Und wir dürfen ihm dabei zusehen. Und -hören.

Nik Fiend alias Pete Wade inszeniert sich geschmacklos geschminkt, tastet sich durch Spinnweben, Stoffetzen, durch fürchterliche Gothic-Klischees, durch Tod, Wahnsinn, Einsamkeit und Entsetzen. Er wackelt durch Grabesstille, durch Donner und sturmdurchtoste Düsternis. Kommentiert diese morbide Welt mit irrem Gekicher und einer modrigen Stimme, die dringend ein Hustenbonbon vertragen könnte. Hier quietschen Türen in den Angeln. Da regen sich klappernde Glieder in flinkem Tanz.

Ein Gruselspaß, der das Blut in den Adern gefrieren, die Haare zu Berge stehen läßt? Pustekuchen! Es ist nicht nur der wollüstig ausgelutschte Horror, der Alien Sex Fiend sozusagen zu einem Einzelstück werden läßt. Es ist die zirkusreife Mischung aus all jenem mit einem Rest Punk, der da über die Bühne geistert. Der von Dreck und Müll, Speichel, Schweiß und Scheiße kreischt. Der lustige Kopfgeburten vollbringt, wilde Geschichten erzählt und „seine verpfuschten Gedanken auskotzt“. Und irgendwie auch die anarchischen Bilder zum Ausdruck bringt, die der Sänger für seine Plattencover gemalt, collagiert oder einfach abfotografiert hat, wie den künstlichen Hundehaufen auf einer Klaviertastatur.

Nik Fiends Charme erschöpft sich tatsächlich nicht nur in seinem Gesicht, das aussehen mag wie billiges Toastbrot. Er wirkt wie eine Jahrmarktfigur, wie eine Kreuzung aus Rockidol, Alice Cooper und selbstgestricktem Punk, der vor seinem Publikum auch mal gern die Hose runterläßt. Obendrein wirft er mit kleinen Plastiktotenköpfen um sich.

Und dann – wichtig! – sind da noch seine heißgeliebten Bananen. Ohne diese Bananen wären Alien Sex Fiend vielleicht nicht schon vor ein paar Jahren ihrer Zeit voraus gewesen, indem sie Dschungellieder vom Bananenmond sangen, Tarzangeheul und krächzende Paradiesvögel sampelten. Ohne die Bananen gäbe es vielleicht auch jenes betende Ambientgeraschel und die kleine Prise Drum & Bass nicht, die ihr neues Album „Nocturnal Emissions“ so knallig

macht.

Vielleicht gäbe es nicht einmal die schönen Unterwassergeräusche. Wie durch eine Muschel, wie auf hohem Seegang erklingen dort Wellengeblubber, Funksignale von Unterseebooten und Nebelhörner. Aber was haben Bananen mit Meerjungfrauen am Hut? Wie stellt man Seeungeheuer auf der Bühne dar? Und wo bleibt da der Gruselspaß? Vielleicht werden Alien Sex Fiend am Sonntag abend diese Rätsel lösen. Susanne Messmer

Nik Fiend und Alien Sex Fiend am Sonntag um 20.30 Uhr im Loft im Metropol, Nollendorfplatz 5, Schöneberg. Vorbestellungen unter Tel.: 215 23 00