Unterm Strich

Rechtschreibreform, die 25.: Soeben hat auch die Deutsche Akademie für Sprache und Bildung bemerkt, daß die Rechtschreibreform von einer Mehrheit der Deutschen nicht angenommen werde. Anlaß zur Sorge biete außerdem, daß die neuen Regeln zunächst nur in Behörden und Schulen gelten und damit die Einheit der deutschen Sprache aufs Spiel gesetzt werde. In einer Kommission sollen deshalb bis zur endgültigen Einführung im August 1998 Vorschläge erarbeitet werden, die eine einheitliche deutsche Rechtschreibung garantieren. Sorgen ganz anderer Art treiben den niedersächsischen Landesrechnungshof um, denn, oh Wunder, die Reform ist zu teuer. „Die gleichzeitige Umstellung aller Lernmittel, von der Fibel bis zum Physikbuch, ist derzeit nicht finanzierbar“, hieß es. Werden die Bücher aber nicht gleichzeitig ersetzt, tritt wieder Sorge 1 in Kraft (s.o.).

Wie gut, daß die Kunst ihre eigene Sprache spricht. Die „horizontale Normalität“, die ja nicht zuletzt durch die Schrift vorgegeben wird, will der Installationskünstler Jannis Kounellis durch „vertikale Zeichen“ aufbrechen. Mit 16 Meter hohen Eisensäulen, Kohlesäcken, Holzstücken und einem Vorhang aus Bleikugeln hat er eine Kölner Fabrikhalle zu einem Sakralbau der modernen Kunst umgestaltet. Hauptteil der Installation sind sieben mit Spiralen ummantelte Säulen, die bis zur Decke der alten Halle ragen.

Sakral dürfte es auch in Kassel bei der documenta 10 zugehen, wenn die evangelische Kirche eine Ausstellung zum Thema Kunst und Religion zeigt. Unter dem Titel „Inszenierung und Vergegenwärtigung – Ästhetische und religiöse Erfahrung heute“ werden vom 22. Juni bis 28. September zahlreiche Objekte, Licht-, Video- und Klanginstallationen zu sehen sein und vielleicht auch ein bißchen Kirchentagsatmosphäre in die Kunsthallen bringen.

Kultiges auch aus Wien: Dort wurde dem Schauspieler Willem Dafoe heftigst zugejubelt. Dafoe hatte mit der New Yorker Theatergruppe „The Wooster“ einen Auftritt bei den Wiener Festwochen. Zum Auftakt ihrer Europatournee spielte die Avantgarde- Truppe Eugene O'Neills sozialkritisches Stück „The Hairy Ape“. Regie führte Ensemble-Leiterin Elisabeth LeCompte, Dafoes Lebensgefährtin. Dafoe spielt den Schiffsheizer Yank, der durch einen „Besuch“ des Millionärstöchterchen Mildred im Heizraum des Ozeandampfers aus seinem Lebensrhythmus gerät. In Wien ist die Produktion noch bis 9. Juni zu sehen. Von 22. Juni bis 30. Juni gastiert „The Hairy Ape“ im Theater am Halleschen Ufer in Berlin.

Bravo-Rufe, das soll schließlich auch nicht verschwiegen werden, gab es auch in Halle zum Auftakt der 46. Händel-Festspiele. Händels Oper „Serse“ in der Inszenierung von Ulrich Peters sorgte dort für Begeisterungsstürme. Dabei gehört „Serse“ eigentlich zu den eher wenig erfolgreichen Opern Händels.