Elektrozäune gegen Elefanten

Simbabwe möchte Elfenbein verkaufen. Nur so könne es die Bevölkerung vor den Dickhäutern schützen – und damit auch die Tiere  ■ Aus Harare Thomas Kamp

Drei afrikanische Staaten wollen künftig wieder mit Elfenbein handeln dürfen: Botswana, Namibia und Simbabwe wollen das am Montag auf der Artenschutzkonferenz (Cites) beantragen, die bis zum 20. Juni in Simbabwes Hauptstadt Harare tagt. Erst vor acht Jahren beschlossen die Vertragsstaaten des Washingtoner Artenschutzabkommens auf einer früheren Konferenz in Lausanne, den Handel mit Elfenbein und anderen Elefantenprodukten weltweit zu verbieten. Damit wollten sie den Elefanten vor dem Aussterben retten. Mit Erfolg: In Teilen des südlichen Afrikas sind sie nun eine Plage.

In Simbabwe etwa wimmelt es vor Elefanten. Jeden Abend kommen ein paar an den Kariba-Stausee im Norden des Landes und betreten die Terrasse des Cutty- Shark-Hotels, um Marulafrüchte zu essen. Die fallen hier in riesigen Mengen reif aus den vielen Bäumen, die auf dem Gelände des Hotels stehen. Zur Freude der Touristen. „Fotografieren ja, aber nicht zu nah rangehen“, warnt der Barmann immer wieder, „Elefanten sind gefährlich.“

Vor allem wenn sie Hunger haben. Und das ist in Simbabwe die Regel. Die Zahl der Elefanten hier wird mittlerweile auf fast 70.000 geschätzt. Aber nur rund die Hälfte der grauen Dickhäuter kann das Land ernähren, wie Ökologen errechnet haben. Die Folge: Die Tiere zertrampeln Felder und plündern Getreidespeicher. Der Hunger macht sie aggressiv.

„Gestern hat ein Elefant einen alten Mann getötet – meine Leute suchen das Tier“, berichtet Simbarashe Howe, Gemeindevorsteher in Siakobvu, zwei Autostunden von Kariba entfernt. Sein Blick ist ernst. „Der alte Mann ist das sechste Opfer in meinem Bezirk seit Januar.“

Das Dorf, wo der Mann niedergetrampelt wurde, ist nur mit dem Landrover über einen sandigen Weg erreichbar. Zu Fuß geht es weiter durch Baumwollfelder. Kniehoch stehen die Büsche auf dem ausgetrockneten Boden. Nach zehn Minuten tauchen unter einer Gruppe hoher Bäume einige Hütten auf.

Mugoro Maringisamwa und sein Bruder Handisen sind die Söhne des Getöteten. In der Nacht ist es passiert, erzählen sie. „Es war eine Herde von sechs Elefanten. Unser Vater saß in den Baumwollfeldern und trommelte. Das hat die Elefanten vertrieben, und die Herde drehte ab. Doch dann löste sich ein Tier aus der Gruppe, ist zurückgekommen und hat unseren Vater angegriffen.“

Riesige Fußabdrücke markieren die Spur der Herde. „Wir verfolgen den Elefanten und werden ihn töten“, sagt Justin Mholo, Wildhüter aus Siakobvu. Fest umklammert er sein Gewehr. „Denn hat ein Elefant erst einmal einen Menschen getötet, dann verliert er all seine Hemmungen und tötet immer wieder.“

Etwa zehn Kilometer weiter durchzieht ein drei Meter hoher Elektrozaun die Landschaft. Es ist der erste, der im Distrikt Nyaminyami hier im Norden gebaut wurde. Im Moment ist er nicht in Betrieb. „Diebe haben die Solarpanels geklaut. Die hat man zwar erwischt, aber die Solarzellen liegen noch bei der Polizei“, erzählt der Wildhüter.

Weitere Elektrozäune sind geplant. Doch das Geld ist knapp. Dabei könnte es von den Elefanten selbst kommen. In einer großen Halle der Nationalparkbehörde in Simbabwes Hauptstadt Harare lagern über dreieinhalbtausend Stoßzähne. 33 Tonnen Elfenbein werden hier rund um die Uhr bewacht. Das „weiße Gold“ stammt von Elefanten, die auf natürliche Weise gestorben sind, oder aus Abschüssen sogenannter „Problemtiere“ – Elefanten, die Menschen getötet haben.

Für das Handelsverbot hat man in Simbabwe kein Verständnis. „Wir haben hier die Lagerräume, wir haben Wachmannschaften, Personal, das alles kostet Geld. Geld, das an anderer Stelle dringend gebraucht wird“, sagt Willas Makombe, geschäftsführender Direktor der Nationalparkbehörde. „Niemand der internationalen Staatengemeinschaft kommt für diese Kosten auf. Wir sehen nicht ein, warum wir Produkte toter Elefanten nicht nutzen dürfen, um die Lebenden zu schützen.“ Von zunächst jeweils zehn Tonnen Elfenbein für die kommenden zwei Jahre ist die Rede in dem Antrag Simbabwes. Einziger Abnehmer der beiden Lieferungen soll Japan sein. Tierschützer in Europa und Nordamerika machen jedoch auf die fehlenden Kontrollen dort aufmerksam und befürchten, daß auch der Handel mit illegalem Elfenbein wieder boomen könnte. Das offizielle Elfenbein sei im Handel von Stoßzähnen von Wilderern nicht zu unterscheiden, kritisieren sie.

Ein Argument, das Willas Makombe nur den Kopf schütteln läßt. „Ich denke, wenn wir den Handel mit Elefantenprodukten wieder legalisieren, dann bekommen die Leute bei uns Elfenbein billiger und einfacher als bei den Wilderern.“ Er hält den beschränkten kontrollierten Handel mit Elfenbein sogar für die einzige Chance, die Elefanten auf lange Sicht zu retten. „Der Verkaufserlös wird an die Gemeinden zurückbezahlt, aus denen das Elfenbein stammt. Dadurch werden die Elefanten für die Bevölkerung in den Dörfern wertvoll, und sie nehmen es hin, wenn ihre Ernte niedergetrampelt oder gefressen wird.“

Nur wenn aus den Plagegeistern eine lukrative Einnahmequelle wird, dann sind die Bewohner auch in Zukunft bereit, auf die Tiere zu achten, ihnen Tränken zu bauen und sie vor Wilderern aus dem nahen Sambia zu schützen, so Willas Makombe. „Konventionen alleine helfen nicht, die Tiere vor dem Aussterben zu schützen.“