Fünf Monate Haftstrafe für Schienenspaziergang

■ Für Anti-AKW-Protest wurde Konrad Link gestern auf Bewährung verurteilt

Günzburg (taz) – Wegen zweier „Schienenspaziergänge“ und der Teilnahme an drei Aktionen „Ausrangiert“ vor dem größten deutschen Atomkraftwerk in Gundremmingen wurde der 33jährige Maschinenbauschlosser Konrad Link vor dem Amtsgericht Günzburg zu einer fünfmonatigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt.

Link ist seit acht Jahren Mitglied der „Mahnwache Gundremmingen“, die sich dem konsequenten und gewaltfreien Protest gegen Atomenergie und Atomtransporte verschrieben hat. In der Gerichtsverhandlung sprach der Staatsanwalt von einer „Zerstörung öffentlicher Bauwerke“, von der „Störung öffentlicher Betriebe“, von gemeingefährlichen Straftaten also, und wer die Aktionen des inzwischen als Landwirtschaftsgehilfe arbeitenden Koni Link nicht kennt, hätte glauben können, ein ganz dicker Fisch sei den Behörden da ins Netz gegangen.

„Bei der letzten Verhandlung wurde ich in Handschellen vorgeführt, Herr Richter, das war schon hart“, sagte der 33jährige Atomkraftgegner zu Beginn der Verhandlung, in der dann sehr schnell deutlich wurde, um welche Vergehen es sich tatsächlich handelte. Am 28.4. 96 beispielsweise, gegen 14.12 Uhr, habe Link, so der Staatsanwalt wörtlich, „mit beiden Händen grabend zirka zwanzig Schottersteine entfernt“, und zwar vom Gleisbett des Privatgleises, das vom schwäbischen Bahnhof Offingen zum Atomkraftwerk Gundremmingen führt. Außerdem habe er versucht, eine Schraube aus dem Gleiskörper zu entfernen, und zweimal als Versammlungsleiter die Auflagen mißachtet, nicht auf den Schienen zu laufen. Vor den Augen der Polizei wurde vielmehr sogar bewußt ein sogenannter „Schienenspaziergang“ veranstaltet, um gegen die Castor-Transporte zu demonstrieren.

Von einer riesigen Entsorgungslüge sprach dagegen der Angeklagte, der plötzlich aufstand und dem Staatsanwalt und dem Richter ein Schaubild über vernünftige Energienutzung vorlegte. Bewußt und unter Ankündigung seien die Aktionen vor den Augen der Polizei und nach Voranmeldung beim Landratsamt Günzburg durchgeführt worden. Der symbolische Charakter, so Koni Link, habe im Vordergrund gestanden. Mehrmals schon mußte das Mahnwachenmitglied wegen ähnlicher Aktionen für mehrere Tage ins Gefängnis. „Es ist wirklich hart. Für diejenigen, die Giftgasfabriken nach Irak oder Libyen liefern, gibt es zum Teil weniger Strafe als für mich“, meinte der Verurteilte kopfschüttelnd.

Seine Anwältin, Anne Riethmüller, urteilte: „Hier wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen und einige bestimmte Leute ausgesucht, die unbequem sind. Die sollen dann durch eine massive Häufung von Strafverfahren eingeschüchtert werden.“ Einschüchtern lasse er sich aber nicht, betonte Konrad Link später. Aber ganz offen gab er zu, daß die Gefängnisaufenthalte schon sehr schwierig seien. „Einmal mußte ich mit einem die Zelle teilen, der sich damit brüstete, einen Türken erschlagen zu haben. Das tut schon weh!“ Klaus Wittmann