Keine Betonorgie im Jura

Die neue grüne Umweltministerin Frankreichs will eines der nationalen Großprojekte stoppen: den Kanal zwischen Rhein und Rhône  ■ Von Reiner Metzger

Besançon/Berlin (dpa/taz) – Frankreichs neue Umweltministerin Dominique Voynet (Grüne/ Les Verts) hat am Samstag ihre Ablehnung gegen den geplanten Rhein-Rhône-Kanal bekräftigt. Er soll von Mülhausen durch das Juragebirge im französischen Osten nach Dole an der Saône führen. Es sei aber noch nicht endgültig klar, auf welche Weise das Projekt gestoppt werde, sagte die Ministerin bei einem Treffen von Umweltverbänden in der ostfranzösischen Stadt Besançon.

Sie kündigte an, daß sie an den kommenden Tagen die Präfekturen zum Stopp von Landkäufen anweisen will. Ihren Angaben zufolge wurden für die geplante 229 Kilometer lange Wasserstraße zwischen dem Rhein und der Saône bei Dijon bereits 840 Hektar Grund aufgekauft. Insgesamt muß die Erbauergesellschaft Sorelif nach früheren Angaben 3.700 Hektar Land erwerben. Die Sorelif ist ein Zusammenschluß der staatlichen Rhône-Gesellschaft CNR und des ebenfalls staatlich beherrschten Energiemultis Electricité de France (EDF).

Nachdem in der Region der Kanal von der Mehrheit der Bewohner abgelehnt wird, haben die Erbauer in spe Prämien für schnellen Landverkauf von insgesamt 290 Millionen Francs ausgesetzt. Der Sorelif läuft die Zeit davon: Sie muß noch im Jahr 1998 mit dem Bau beginnen, weil sonst die Genehmigung ausläuft und die Planung dann noch einmal von vorn beginnen würde.

Bereits 1961 war unter dem damaligen Präsidenten Charles de Gaulle die Bauentscheidung gefallen. Der Start hatte sich aber immer wieder hinausgezögert. Der Kanal ist als Teilstück eines durchgehenden Binnen-Schiffahrtsweges von Rotterdam nach Marseille geplant und soll nun bis 2010 fertig sein. Ein bestehender kleiner Kanal kann bisher nur Frachter bis 300 Tonnen Traglast aufnehmen. Im neuen Großkanal sollen künftig Schubverbände bis zu 4.500 Tonnen schwimmen.

Die Befürworter beziffern die Kosten – Tendenz steigend – auf 20 Milliarden Franc (5,9 Milliarden Mark), die Gegner auf 50 Milliarden Franc oder mehr. Das Finanzministerium hat die Kosten im letzten Jahr auf 28 Milliarden Francs geschätzt.

Besonders umstritten war die Trassenführung im teilweise idyllischen Tal des Flusses Doubs. Häuser würden geflutet, der Fluß begradigt. Über 20 Schleusen müßten die Schiffe durch die Berge des Jura heben. Auch eine Studie der nationalen Verwaltung für Brücken- und Straßenbau nannte erhebliche Risiken für die vorhandenen Feuchtbiotope, die Gefahr von Überschwemmungen und Grundwasserverschmutzung als mögliche Risiken. Der Verzicht auf den Kanal war neben der Abschaltung des Schnellen Brutreaktors Superphénix eine der Hauptforderungen der Grünen im Wahlkampf. Die Sozialisten hatten diese Forderungen dann im Vorgriff auf eine Zusammenarbeit in der Regierung in ihr Wahlprogramm aufgenommen.