Hängepartie um Hoffmann

■ Koalitionsausschuß vertagt Entscheidung über umstrittenen Staatsrat / unabhängiger Gutachter soll Regierungskrise schlichten / Opposition urteilt: „CDU macht sich vollständig lächerlich!“

Der Machtpoker um Staatsrat Reinhard Hoffmann endet als Hängepartie. Der Koalitionsausschuß hat sich vertagt. Dies ist das Ergebnis einer vierstündigen Krisensitzung der Koalitions-Spitzenpolitiker Henning Scherf, Christian Weber und Detlev Albers (SPD) sowie Ulrich Nölle, Ronald-Mike Neumeyer und Bernd Neumann (CDU).

Zuvor hatte CDU-Landes-Chef Neumann Hoffmann wegen dessen vom Rechnungshof monierten Verstößen gegen Haushaltsrecht als „untragbar“bezeichnet – ohne wenn und aber. Und SPD-Fraktions-Chef Christian Weber wollte – auch ohne wenn und aber – „die Koalitionsfrage stellen, wenn sich die CDU in unsere Personalpolitik einmischt“. Beides entpuppte sich als Rohrkrepierer.

Ob Hoffmann jetzt wirklich untragbar ist, entscheidet nicht mehr Bernd Neumann oder die SPD, sondern das Plenum der Senatskommission für das Personalwesen (SKP). Als Entscheidungsgrundlage sollen die von Hoffmann selbst initiierten disziplinarischen Vorermittlungen des Senats dienen. Dem SKP-Plenum gehören die beiden Bürgermeister Nölle und Scherf sowie Innensenator Ralf Borttscheller an. Sollten die sich dann immer noch nicht auf einen Rausschmiß oder eine Weiterbeschäftigung Hoffmanns einigen können, soll ein unabhängiger Gutachter eingesetzt werden. Der darf immer noch keine Entscheidung abgeben. „Das Ergebnis des Gutachtens ist Grundlage des weiteren Handels“, heißt es.

Der grüne Fraktionssprecher Dieter Mützelburg schlägt darum als Gutachter den einschlägig bekannten Juristen Loriot vor. Der könnte sich bereits am Mittwoch einen guten Überblick über den Stand der Debatte in der Bürgerschaft verschaffen. Dann steht der Dringlichkeitsantrag der Opposition aus Grünen und AfB zur Entlassung Hoffmanns auf der Tagesordnung. Ursprünglich hatte der Koalitionsausschuß zwar beschlossen, die Opposition um eine Vertagung des Antrags zu bitten. „Das war ihnen dann aber wohl doch zu peinlich“, so Mützelburg. Nach seinen Angaben will die große Koalition die Entscheidung über den Antrag jetzt aussetzen. Zu dem Gutachter kommentierte er: „Genauso könnte ich Gerichtsurteile einem Gutachter vorlegen. Das ist völlig lächerlich. Eine einzige Flucht aus der Verantwortung. Es beweist: Nicht nur Nölle, sondern auch Neumann springt als Tiger ab und landet als Bettvorleger.“

Das gleiche Bild benutzte gestern auch Andreas Lojewski von der AfB-Fraktion. „Es ist einfach lächerlich. Erst folgt die CDU der unabhängigen Instanz Rechnungshof, der Hoffmann objektive Verstöße gegen Haushaltsrecht vorwirft. Und danach holt man einen Gutachter, um Zeit zu schinden. Wie soll dieser noch unabhängiger sein, als der Landesrechnungshof.“

CDU-Sprecher Guido Niermann bemühte nach der Fraktionssitzung, die das Ergebnis einstimmig angenommen hatte, die Staatsräson zur Erklärung des Untragbaren: „Wir sind einen vorläufigen Kompromiß eingegangen. Wir gehen aber davon aus, daß die Diszipli-narmaßnahmen unsere Einschätzung bestätigen werden – ebenso der Gutachter. Warum sollen wir jetzt eine Koalition gefährden, die wir zu einem erfolgreichen Ende bringen wollen? Und am Ende steht auch der Rücktritt von Hoffmann.“Ähnlich drückte es auch Scherfs Sprecher Klaus Sondergeld aus. Auch er geht von einem positiven Ende der Koalition und Ermittlungen gegen Hoffmann aus, allerdings positiv im Sinne der SPD.

Im Koalitionsknatsch ging die Versetzung von Baustaatsrat Joachim Baltes in den Ruhestand beinahe unter. Sein Nachfolger wird offiziell CDU-Fraktionsvize Helmut Pflugradt. Jens Tittmann