Frankreich tritt bei Waigels Euro auf die Bremse

■ Bedenkzeit erbeten: Der neue Pariser Finanzminister Dominique Strauss-Kahn hat beim EU-Ministerrat seine Zustimmung zum Stabilitätspakt vorerst verweigert

Luxemburg/Brüssel (taz) – Die neue sozialistische Regierung Frankreichs hat sich an ihr Wahlversprechen erinnert und den Stabilitätspakt zum Euro vorerst auf Eis gelegt. Finanzminister Dominique Strauss-Kahn verweigerte gestern in Luxemburg die Zustimmung zu dem Pakt, der sicherstellen soll, daß die Teilnehmer der Währungsunion auch nach dem Start 1999 die Haushaltsdefizite unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts halten.

Strauss-Kahn sagte auf dem Finanzministertreffen der EU, Paris wolle den Euro nicht aufhalten, brauche aber Bedenkzeit. Im Wahlkampf hatte Sozialistenführer Lionel Jospin angekündigt, im Fall eines Sieges den Stabilitätspakt neu zu verhandeln. Sein Finanzminister Strauss-Kahn beteuerte gestern, daß seine Regierung an den Kriterien wie auch am Zeitplan für die Euro-Währung festhalte. Die EU brauche jedoch ein neues Gleichgewicht zwischen Geld- und Beschäftigungspolitik. Ähnliches war zuletzt zunehmend auch von anderen sozialdemokratisch geführten EU- Regierungen zu hören. Der Stabilitätspakt, der auf Betreiben von Finanzminister Theo Waigel ausgehandelt wurde, sollte eigentlich beim EU-Gipfel nächste Woche in Amsterdam unterschrieben werden. Dazu wird es nun wohl nicht kommen. Der Zeitplan ist damit noch nicht gefährdet. Die Teilnehmer sollen erst im Frühjahr ausgewählt werden. Strauss- Kahn ließ gestern durchblicken, daß Frankreich dem Stabilitätspakt in den nächsten Wochen zustimmen werde. Möglicherweise will Jospin die Verweigerung auch als Druckmittel einsetzen, um im Maastricht-II-Vertrag eine stärkere Beschäftigungspolitik der EU zu erreichen.

Unterdessen hat Bundeskanzler Kohl bekräftigt, daß auf dem Weg zur Währungsunion sowohl Zeitplan als auch Stabilitätskriterien eingehalten werden müssen. Stabilität sei gerade für die Deutschen mit ihrer Erfahrung von zwei Inflationen von höchster Bedeutung, sagte er bei einem Festakt zum 125jährigen Jubiläum der Dresdner Bank.

Alois Berger Kommentar Seite 10