Freilandversuch für Halb-Kneipen

■ Nippon, Topaz, Atrium und andere Viertel-Delikatessen-Läden wollen Restaurants werden / Wie wär's erstmal mit Tischen vor der Tür?

Hunderte von Gastronomen verleihen Bremen den Anstrich einer kulinarischen Kulturstadt. So vielseitig ist die Auswahl an Allem, was den Speichel lockt...

Doch wer ein Sushi-Fan ist, der hat nur eine einzige Möglichkeit, den Neigungen seiner Geschmacksnerven zu folgen: das Nippon im Fehrfeld. Und das ist noch nicht mal ein richtiges Restaurant, sondern ein seltsames Gemisch aus japanischem Lebensmittelgeschäft und einer kleinen Sushi-Bar.

Der deutsche Besitzer des Nippons, Heinrich Behrmann, würde liebend gerne ein richtiges Restaurant aus seinem Laden machen. Doch er hat nur eine Konzession zweiter Klasse - eine sogenannte „Minderkonzession“, die die Sitzplätze für Gäste auf maximal 20 beschränkt, Behrmann verbietet, Alkohol auszuschenken oder Gäste außerhalb der gesetzlichen Ladenöffnungszeiten zu beköstigen.

Seit fünf Jahren kämpft Behrmann für eine „ausgewachsene“Konzession, die ihm einen normalen Restaurantbetrieb ermöglichen würde. Doch bisher - alles umsonst. Und das nur, weil sein Laden im Ostertorviertel liegt.

Seit 1983 herrscht hier Konzessionssperre, weil die städtischen Entscheidungsträger aus der Baubehörde und auch die LokalpolitikerInnen aus dem Ortsbeirat befürchten, das Ostertorviertel könne zu einem Bremer Kneipen- und Puffviertel nach dem verruchten Vorbild Sankt Pauli mutieren. Sie wollen ein ausgewogenes Einzelhandelsgemisch anstelle einer gastronomischen Meile.

Zur Zeit versucht das Nippon wie andere Beköstigungsbetriebe aus dem gastronomischen Ächtungsbezirk wenigstens nach außen zu expandieren, wenn ihnen schon der Innenausbau zu echten Restaurants versagt ist: mit zusätzlichen Tischen und Stühlen auf dem Gehweg. Zur Kaste der konzessionell Minderbemittelten im Freilandversuch gehören unter anderem das Artrium und das Topaz, beide an der Meile Ostertorsteinweg/ Vor dem Steintor.

Nippon-Chef Behrmann möchte vier Tische aufs Fehrfeld herausstellen. Dazu müßten die Parkplätze am Straßenrand verschwinden. Das Gehwegpflaster würde der Gastronom selber verschönern, Fahrradständer und eine Statue ebenfalls selbst aufstellen. Der Leiter des Ortsamtes Mitte, Robert Bücking, hätte gegen ein paar Tische mehr auf den Steintor-Gehwegen nichts einzuwenden. Ob auch der Beirat östliche Vorstadt zugestimmt hat, konnten wir nicht mehr in Erfahrung bringen - seine Sitzung begann erst nach taz-Redaktionsschluß.

Fest steht: an der grundsätzlichen Konzessionssperre zur Ausmerzung drohender Sankt Pauli-Verhältnisse wird festgehalten. Im Ostertor- und Steintorviertel wird keine Ausnahme gemacht.

Aber: Ausnahmen bestätigen die Regel. Nur Kulturbetriebe wie das Theatercafe haben in den letzten 14 Jahren die Erlaubnis bekommen, ihre Gästen ungehemmt zu bewirten. Vielleicht sollte der Nippon-Besitzer Behrmann in seinem Laden regelmäßig japanische Theaterstücke oder asiatische Körperkunst a la André Heller anbieten - vielleicht klappt es ja dann mit der Konzession... B.A.