Musikfest, die achte

■ Menschen, Mucke, Sensationen: Beim achten Bremer Klassik-Festival ist (fast) alles wie beim siebten

Keine Sponsoren, keine Politiker mit großen Namensschildern: Am Informationstisch der diesjährigen Pressekonferenz zum achten Musikfest saßen nur der künstlerische Leiter Thomas Albert und die Agentur in Person von Hermann Pölking-Eiken. Reicht auch, denn wir wissen ja, was kommt, und verändert hat sich nahezu nichts. Auf die BremerInnen kommt ein Feuerwerk von 31 Top-Konzerten zu, die Wahl wird für den wirklich Interessierten buchstäblich zu einer Qual. Und das ist ja nicht negativ.

Gleiches gilt für den beigelegten Streit im Hintergrund: Nach allerlei Konkurrenzquerelen in der Stadt liegt das Musikfest nun explizit in der (noch) saisonfreien Zeit vom 7. September bis zum 1. Oktober (mit Ausnahme eines Sonderkonzertes am 8. Oktober). Damit ist zum ersten Mal eine Konzentration erreicht, die den inhaltlichen und zeitlichen Stellenwert des Musikfestes deutlicher ausweist als in den vergangenen Jahren.

Mit Spannung hat man darauf gewartet, in welchen lauten, stinkenden, werbenden Räumen sich das Musikfest diesmal tummeln wird. Doch Fehlanzeige: Es wurde zugunsten der Musik entschieden. Zehn Konzerte finden in der neuen Glocke statt. „Bekenntnis zum Standort“, nennt Thomas Albert das. Auch die Obere Rathaushalle, die Kirche Unser Lieben Frauen und der St.-Petri-Dom sind eher Konzertsäle als Werbeplätze. So gibt es diesmal nur das Eröffnungskonzert des Deutschen Sinfonie-Orchesters Berlin unter der Leitung von Vladimir Ashkenazy im Jacobs Kaffeelager im Neustädter Hafen: „Damit ziehen wir die Konsequenzen aus der Nachfrage für das Eröffnungskonzert“. Und die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen wird in der DASA-Halle auftreten.

Ansonsten kann man sich auf die in der Tat beeindruckenden Inhalte konzentrieren. Und nach denen folgt ein Leckerbissen auf den anderen. Die Konzerte stehen für sich, auch wenn Thomas Albert sich – etwas ermüdet, wie es schien – ungeheuer anstrengt, ein Konzept herbeizureden, das zum soundsovielten Male „Tradition und Avantgarde“heißt. Die FreundInnen der „Topstars der Klassik“(Albert) kommen ebenso auf ihre Kosten wie die der Alten Musik und die der seltenen Programme, wie die LiebhaberInnen der großen Sinfonik und der Kammermusik. Von 31 Veranstaltungen in 23 Tagen können hier nur wenige Beispiele genannt werden: Zum ersten Mal in Bremen die Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Carlo Maria Giulini, zum ersten Mal in Bremen das „Orchestre des Champs Elysées“unter Philippe Herreweghe, ein Orchester vergleichbar dem großartigen „Orchestre Révolutionnaire et Romantique“von John Eliot Gardiner, der aus Termingründen nicht kommt.

Weiter debutieren „Sonatori de la Gioiosa Marca“, eine „heiße Empfehlung“für Vivaldi-Liebhaber. Im Herausfinden von innovativen Interpretationsansätzen hatte Albert schon immer eine gute Hand, ebenso wie er an guten Erfahrungen festhält: Wieder kommen Jos van Immerseel mit „Anima Eterna“, das „Quatuor Mosaiques“, Roger Norrington und „Les Arts Florissants“unter William Christie, der einen Schwerpunkt barocke Oper gestaltet. Gute Bekannte sind das „Chamber Orchestra of Europe“und der „Concentus Musicus Wien“unter Nicolaus Harnoncourt. Zu den aufregenden Ausflügen in ein seltenes Repertoire gehört die Aufführung von Robert Schumanns Melodram „Manfred“durch die Kammerphilharmonie unter Thomas Hengelbrock und Klaus Maria Brandauer. Die Neue Musik ist unterbelichtet – wie immer im Musikfest.

Zahlen, Daten, Fakten: Die 23 Sponsoren bringen 1,4 Millionen Mark auf, die öffentliche Hand 800.000 Mark, und die Eintrittsgelder sollen mit einer Millionen fast 30 Prozent des Gesamtetats von 3,4 Millionen decken. Pölking-Eiken rechnet mit einer Auslastung von 86 Prozent. Und neu ist: Für 85 Mark gibt es einen Musikfestpaß, mit dem man für vier Konzerte eine 25prozentige Ermäßigung bekommt. Ein schönes Lockmittel für VielhörerInnen, beeinhaltet der Paß außerdem eine freie Eintrittskarte für das Eröffnungskonzert.

Ute Schalz-Laurenze