Wider die Widerstände der Heimat

■ Die vietnamesische Choreographin Ea Sola mit Traditionellem bei der Hammoniale

„Ich weiß nicht.“Ea Sola sagt auffallend oft diesen Satz. „Ich fühle die Dinge.“Die in Paris lebende 35jährige Choreographin aus Vietnam tut, was sie fühlt. Was sie tun muß. Entschlossene Kraft und Unbeugsamkeit gehen von der zierlichen Frau aus. Sie weiß sehr viel. Hat früh zuviel erfahren: Krieg, Abschied, Flucht nach Frankreich. In ihrer Kunst erinnert sie sich. Läßt die Traditionen bäuerlicher Kultur wiederaufleben. Gemahnt an das Leid und den Tod der vielen Menschen. Gegen die Widerstände in der Heimat.

Ea Sola hat in Saigon mit 16 jungen Frauen und Männern ihr neues Stück Il a été une fois... – es war einmal erarbeitet, das die „Hammoniale – Das Festival der Frauen“diese Woche in deutscher Erstaufführung zeigt. Vor zwei Jahren wurde ihre erste Produktion Sécheresse et pluie – Trockenheit und Regen zur Festival-Entdeckung. „Damals bin ich in den Norden gereist, um mit alten Bäuerinnen zu arbeiten. Diesmal ging ich ins Mekong-Delta und habe junge Leute ausgesucht. Sie stammen aus Bauernfamilien und erlernen Tat Hu, den traditionellen Gesang der südlichen Kulturen, auf dem das Stück aufbaut.“Sola, die Tochter eines Vietcong und einer französischen Plantagenbesitzerin, stammt aus dem Hochplateau Südvietnams. Seit sich das Land 1990 öffnete, ist sie auf der Suche nach der Identität ihres Volkes – und der eigenen.

„Die Jugendlichen interessieren sich nicht für unsere Geschichte. Am schwierigsten war es, ihnen beizubringen, sich für die Auftritte nicht zu schminken.“Auf einer Legende von der Erschaffung Vietnams basiert Il a été une fois: Bergfee und Drachengott trennen sich, um mit Töchtern und Söhnen in ihre Heimat nach Norden und Süden zu ziehen. Das Stück handelt vom Abschied. Trennung als Thema verfolgt Ea Sola immer noch.

Thomas Rössl

Sa, 14., 20.30 Uhr und So, 15. Juni, 20 Uhr, jeweils Kampnagel k6