Mehr Leiden schafft!

■ Lust am Film: Eine harmoniegeladene Diskussion in der Akademie der Künste

Stark und stilvoll müßte er sein, Filmkunst lieben, die Guten belohnen, die Schlechten bestrafen. Ein lieber Gott der Filmförderung setzte sich da aus den Sehnsüchten einiger Podiumsgäste zusammen, glorifiziertes Phantasiekomplement zu Klaus Keil, dem Kommerziellen. Der Feind vom Filmboard mit seinen Erfolgsunternehmungen scheint derzeit Projektionsfläche aller filmbedingten Frustrationen.

Eine schon rein zahlenmäßig eindrucksvolle Zehnerrunde war geladen, in der Akademie der Künste erst mal „Visionen“ zur „Zukunft der Film- und Medienregion Berlin-Brandenburg“ zu äußern, als da z.B. wären: „Globale Idee von Film“ (Wieland Speck, Panoramachef), „Mehr Leidenschaft beim Filmemachen“ (Fred Kelemen, Regisseur) „zurück zum Gießkannenförderprinzip“ (Carsten Fiebeler, HFF-Student) oder „Frieden“ (Irina Knochenhauer, Leiterin des Potsdamer Filmfestivals).

Kreativität und Kreative müssen in der Region gehalten werden, so die nicht ganz neue Quintessenz der in feindloser Eintracht abgehaltenen Familiensitzung. Im Sog der allgemeinen Selbstgerechtigkeit wirken wirkliche Ideen allerdings fast störend. „Warum nicht mal zum Ring deutscher Makler gehen, wenn man einen Film zum Thema dreht, oder einen Film, der auf dem Land spielt, vom Bauernverband mit finanzieren lassen?“ beleidigte etwa Dorothee Wenner vom Forum des Jungen Films die würdevolle Lethargie der anwesenden Kreatoren.

Daß die Deutsche Bank zwar in New York, aber nicht in Berlin beim Sponsoring von Filmen mitmischt, darauf bildet man sich hierzulande fast was ein. Elitendenken und Phlegma auf der einen, Populismus und Großprojekte auf der anderen Seite, dazwischen fehlt's. Da muß sich Fred Kelemen von Anna Kruse (Filmbühne am Steinplatz) schon mal sagen lassen, daß sie keine Lust mehr habe, Filme wie seinen „Frost“ drei Wochen lang für dreißig Leute zu spielen. Statt dessen: „Finnische Produktionen mit englischen Untertiteln, die funktionieren, nur weil's um Buddhismus geht. Manchmal denk' ich, ich mach' Kino für Verrückte.“

Überhaupt, die Filme: Sie habe keine Lust mehr auf die ewigen Selbstbespiegelungen und schwul- lesbischen Identitätsfindungen im Kino, meinte Wenner freundlich provozierend. Arbeitslosigkeit, Sozialhilfeempfänger, die Spannungen in Berlin, so was gehöre verstärkt auf die Leinwand. Um sich von einem humorlos verschnupften Wieland Speck vorwerfen zu lassen, sie spiele ja wohl Schwule gegen Arbeitslose aus. Ruck, zuck witterte auch Irina Knochenhauer Böses: „Juden, Schwule und Lesben darf das Kino nicht ausgrenzen.“ Ach Kinders! Katja Nicodemus