Statistik der Armut

■ Fast 1,3 Millionen Haushalte waren im Jahr 1995 auf Sozialhilfe angewiesen

Berlin (taz) – Was bislang nur vermutet und hochgerechnet wurde, ist nun amtlich ausgezählt. Die Zahl derer, die von Sozialhilfe leben, steigt dramatisch. In Deutschland waren 1995 gut 1,28 Millionen Haushalte auf „laufende Hilfe zum Lebensunterhalt“ angewiesen. Diese Zahlen veröffentlichte gestern das Statistische Bundesamt in Wiesbaden. Hauptgruppe der Betroffenen sind Singles: Sie stehen mit 512.000 Personen in der Statistik, gefolgt von den Haushalten alleinerziehender Frauen mit 289.000. Haushalte von Ehepaaren mit Kindern wurden 161.000mal gezählt, die ohne Kinder gingen 85.000mal in die Zahlenkolonnen ein.

Im Durchschnitt wurde die Sozialhilfe über fast 27 Monate bezogen. Knapp die Hälfte der Haushalte waren weniger als ein Jahr auf die Zuwendungen des Staates angewiesen. Immerhin, 12 Prozent aller Bezieherhaushalte waren 1995 schon länger als fünf Jahre auf Stützte angewiesen. Überdurchschnittlich häufig sind hier alleinerziehende Frauen betroffen. Sie waren in der Regel rund 15 Monate auf das Sozialamt angewiesen.

Insgesamt 52,1 Milliarden Mark wurden als Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz ausgegeben. Dies entspricht einem Zuwachs gegenüber dem Vorjahr von 4,7 Prozent. Gestern legte das Statistische Bundesamt auch Durchschnittszahlen über die Höhe der „laufenden Hilfe“ vor. Im Schnitt errechnet sich für einen Sozialhilfehaushalt ein monatlicher Bruttobedarf von 1.458 Mark, wovon allerdings ein Drittel allein auf die Kaltmiete entfiel. Interessant ist, daß mit zunehmender Haushaltsgröße tendenziell weniger gezahlt wird. Dies führen die Statistiker darauf zurück, daß größere Haushalte häufig über ein anrechenbares Einkommen verfügen, etwa Kindergeld und Unterhaltsleistungen. roga