Nur ein Nebenkläger gibt sich nicht zufrieden

■ Plädoyers der Anwälte der Nebenklage im Lübecker Brandprozeß: Die meisten fordern Freispruch. Nur einer will eine Verurteilung Eids wegen psychischer Beihilfe

Lübeck/Berlin (taz) – Gestern endeten die Plädoyers der Nebenkläger im Lübecker Brandprozeß. Vier der sechs Nebenklageanwälte, die insgesamt 18 frühere Hausbewohner vertreten, forderten ganz im Sinne der Verteidigung einen Freispruch Safwan Eids. Sie wiederholten ihre dem Angeklagten gewogene Sichtweise: Die Ermittler samt Staatsanwaltschaft hätten rassistisch recherchiert, Spuren verwischt und im Grunde den Falschen vor Gericht gestellt. Eine Rechtsanwältin nutzte ihre Prozeßbewertung dazu, ein Bleiberecht für die Überlebenden des Brandes vom Januar 1996 zu fordern.

Ein anderer Anwalt, Jan Mohr aus Hamburg, behielt sich vor, einen Antrag auf neue Ermittlungen zu stellen – gegen die Grevesmühlener Jugendlichen, die seiner Meinung nach viel eher als Täter in Frage kämen, gegen die aber von den Behörden nicht ausreichend ermittelt worden sei. Darüber hinaus sollten im Falle einer Wiederaufnahme der Ermittlungen keinesfalls die im Eid-Verfahren federführenden Staatsanwälte Michael Böckenhauer und Axel Bieler mit dem Fall betraut werden – aus Gründen des Mißtrauens. Daß ein solcher Antrag auf neuerliche Recherchen längst hätte gestellt werden können, erwähnte er nicht.

Überraschender war da schon das Plädoyer des Anwalts der nebenklagenden Familie El-Omari: Wolfgang Clausen schloß sich nicht dem staatsanwaltschaftlichen Antrag auf Freispruch – im Zweifel für den Angeklagten – Safwan Eids an. Er forderte statt dessen eine Verurteilung wegen psychischer Beihilfe – der mildesten Form der Beihilfe zu einer Straftat. Clausen stützte seinen Antrag auf die Anhörung der Nachbarn Safwan Eids im dritten Stock des Brandhauses vom Herbst 1996. Diese haben ausgesagt, Safwan Eid per Klopfzeichen an die Zimmertür über ein Feuer alarmiert zu haben. Eid erwiderte darauf sinngemäß, sie sollen sich nicht sorgen, es wäre nur ein kleines Feuer.

El-Omaris Anwalt Clausen hält diese Antwort für einen Beleg, daß Eid von einer Zündelei wußte, diese aber als gering einschätzte. Eid erläuterte zwar damals auf Nachfrage, daß seine Reaktion sich darauf gründete, daß im Flüchtlingsheim schon einmal blinder Alarm gegeben wurde. Clausen nimmt an, daß Eid nicht der Täter war, aber wisse, wer für das Feuer verantwortlich sei.

Deshalb sprach sich der Kieler Jurist auch, durchaus in Absprache mit seinen Klienten, für eine Verurteilung wegen Beihilfe aus. Auf den Zuhörerbänken wurden seine Worte mit Murren quittiert: Clausen, der Spielverderber, der den erwarteten Freispruch Safwan Eids nicht mittragen will.

Kommenden Mittwoch werden die Verteidigerinnen plädieren, zehn Tage später soll das Urteil gesprochen werden. JaF