AfB brachte die CDU ans Ruder. Mission erfüllt?

■ Zur Halbzeitbilanz der Großen Koalition: Interview mit Elke Kröning, Lehrerin, langjähriges SPD-Mitglied, dann AfB-Gründerin, über die Initiative „Arbeit für Bremen“

taz: Die Wählerinitiative „Arbeit für Bremen“(AfB) ist nach der CDU-Umfrage von 10 auf 7 Prozent abgesackt. Ist die AfB eine Eintagsfliege wie die Stattpartei?

Elke Kröning: Ganz spontan habe ich gesagt, als ich von dieser Umfrage gelesen habe: eigentlich ganz ordentlich. Alle sacken zur Halbzeit ab, der Schwung der Wahl läßt ja auch ein bißchen nach. Ich bin nicht entsetzt über die 7 Prozent, sie sind eine hervorragende Ausgangslage.

Nun wird niemand, der Friedrich Rebers wohl will, ihm anraten, sich noch einmal in seinem Alter diesem Streß zu unterziehen und das AfB-Zugpferd zu machen, 1999.

Herr Rebers ist langsam auf dem Wege der Besserung, und der Respekt vor seiner Person und seiner Arbeit verbietet es, vor dem Herbst eine Aussage dazu zu machen.

Man kann das Ergebnis der Gründung der AfB so interpretieren, daß dadurch der rotgrüne Flügel der SPD in die Koalition mit der CDU getrieben wurde und sich paralysiert hat. Können die AfB-Gründer nicht nach vier Jahren sagen: Die AfB-Initiative hat ihre Funktion erfüllt, wir können zurück in die SPD?

Nein. Ganz klar.

Mit der großen Koalition unzufrieden ist doch vor allem der Rest des linken Flügels der SPD...

... der kommt mir aber immer noch größer vor als der rechte.

In der Bildungspolitik, Ihrem Bereich, gibt es eine besondere Lage: Da haben wir eine Koalition von AfB und CDU gegen das Bildungsressort, aber diese Koalition hat sich noch nicht durchsetzen können gegen Kahrs ...

Das sehe ich anders. Beispiele: Wirtschaftsgymnasium, Modellversuch zwölfjährige Schulzeit...

Wo wird die stattfinden, das 12jährige Gymnasium?

Ach, überhaupt nicht.

Das ist doch kein Erfolg.

Das ist eben das Problem, unser Antrag wurde angenommen, aber nicht umgesetzt. Dann kam die Diskussion um die Lehrerarbeitszeit. Frau Kahrs, die sonst jeder Schule, die bereit ist, ihr Arbeitszeitmodell zu erproben, die Mehrstunden erläßt, wollte für das Experiment des 12jährigen Gymnasiums auf keine Stunde verzichten.

Welche Schule war das?

Das Alte Gymnasium.

Ihre alte Schule...

Ja. Daraufhin hat die Mehrheit der Lehrer sich dagegen ausgesprochen. Das Modell liegt deshalb auf Eis. Wenn eine Schule sowas ausprobiert, dann braucht sie auch die nötige Unterstützung. Wenn ich etwas zu sagen gehabt hätte, dann hätte ich für diese Schule auch die Lehrerarbeitszeit anders geregelt.

Ein anderes Beispiel: Erfolgreich haben CDU und AfB verhindert, daß in der Oberstufe Fächer wie Mathe und Deutsch gekürzt werden.

Die CDU beschäftigt sich derzeit vor allem mit sich selbst. Hat sich die CDU in der großen Koalition verschlissen?

An den SPD-Verschleiß hat man sich gewöhnt, deshalb fällt der CDU-Verschleiß jetzt mehr auf. Die Machtausübung und die Pfründe der Macht, die verschleißen in erschreckender Geschwindigkeit. Das haben wir bei der Ampel erlebt, das erleben wir bei der CDU jetzt auch.

Was meinen Sie mit dem Hinweis auf Pfründe?

Posten. Senator, Staatsrat, leitende Beamte...

Sie meinen, daß es bei dem derzeitigen Machtkampf nur darum geht, daß manche Leute einfach einen Posten haben wollen?

Natürlich.

Eigentlich kann ja die AfB mit dem Schmusekurs von Nölle zufrieden sein.

Schmusekurs von Nölle – darüber bin ich nicht entzückt.

Der Platz für eine kräftige Opposition bleibt weit offen.

Das ist richtig, zum Beispiel in der Verkehrspolitik. Wir sind ganz entschieden gegen die Straßenbahn Linie 4, von erster Priorität ist für uns die Anbindung des Güterverkehrszentrums über die A 281. Dieser „Schmusekurs“der CDU, wie Sie es nennen, hat für uns taktische Vorteile.

Bilanz nach zwei Jahren – was sind die drei Erfolge der AfB?

Wir haben nach der Wahl schnell Fuß gefaßt im Parlament und eine Menge Initiativen in unseren Schwerpunktgebieten Wirtschaft, Bildung, Inneres ergriffen...

Sie haben Arbeit vergessen, Arbeit für Bremen!

Arbeitsplätze schafft die Wirtschaft. Wir haben eine Reihe von Initiativen eingebracht, die abgelehnt worden sind, zum Beispiel die stärkere Unterstützung von Existenzgründungen. Wir haben den Bau der Messehallen unterstützt und wollten mit der Bundesgartenschau tausende von Touristen nach Bremen ziehen. Arbeit ist für die Menschen heute wichtiger geworden als Umwelt.

Hat die AfB in den Jahren einmal einen schweren Fehler gemacht? Kommt sowas vor?

Könnte ich so nicht sagen. Aber wir haben Schwächen. Unsere Außenwirkung muß stärker werden. Stark waren wir vor allem da, wo die Koalition ihre Skandale unter den Teppich kehren wollte. Staatsrat Hoffmann, oder auch die Justiz-Skandale im Ressort des Bürgermeisters Scherf.

Klassische Oppositionserfolge.

Ja, und das ist wichtig: den Senat und die Verwaltung kontrollieren. Das haben wir intensiv gemacht.

Das Wählerpotential neben den großen Volksparteien ist traditionell gering, AfB und FDP hatten schon beim letzten Mal nicht beide Platz auf dem kleinen Terrain. Die FDP wird beim nächsten Mal massiv werben. Wäre es eine Idee, für 1999 mit der FDP eine gemeinsame Wählerinitiative zu machen?

Nein! Wir kämpfen mit unserem Programm, das sich stark unterscheidet von dem der FDP. Wir wollen nicht ein Klientel vertreten, wir sind offen für alle Schichten. FDP – mit mir nicht.

Interview: K.W.