Mehr öffentlich knutschen

■ Interview mit Rupert Hülsey, Mitorganisator des lesbischwulen Festes

taz: Dieses Jahr werden Lesben und Schwule den Christopher-Street-Day (CSD) ganz groß in Hamburg feiern. Ist das nicht nachgemachte amerikanische Tradition?

Rupert Hülsey: Der CSD war der Ausgangspunkt der lesbischwulen Bürgerrechtsbewegung. Wir haben diesen Termin als Feiertag übernommen, obwohl es in der BRD keine vergleichbaren Vorfälle gab. Diskriminierung äußert sich hierzulande subtiler und nicht in der Offenheit und Aggressivität wie in den USA.

„Going public“ ist das Motto des Christopher-Street-Day –95 – was müßte denn öffentlicher werden?

Das lesbischwule Leben findet fast ausschließlich in der Szene statt, die in Hamburg sehr groß ist. In der Öffentlichkeit machen wir uns nicht so sichtbar.

Also sollte mehr öffentlich geknutscht werden?

Lesbisch- oder Schwulsein muß selbstverständlicher werden. Dazu gehört auch das Bild von homosexuellen Paaren, die sich küssen oder Hand in Hand durch die Straße gehen. Für das CSD-Fest haben wir bewußt nicht nur in Szeneläden, sondern auch in „ganz normalen“ Läden geworben.

Widerspricht das Motto „Going Public“ nicht der Tatsache, daß viele Veranstaltungen für „Ladies only“ sind?

„Ladies only“ schließt heterosexuelle Frauen nicht aus, im Gegenteil. Aber es sind teilweise eben Veranstaltungsräume, die nur für Frauen sind. Unser Konzept ist dezentral; jede Gruppe und Organisation konnte Veranstaltungen vorschlagen und eigenverantwortlich durchführen. Im Übrigen geht es bei „Going Public“ darum, Lesben und Schwule sichtbar zu machen, und nicht, Aufklärungsarbeit für Heterosexuelle zu leisten.

Fragen: Silke Mertins