■ Kommentar: Mirakel Mirow
Fast 15 Jahre hat es gedauert, bis Senat und HafensträßlerInnen sich einer ebenso schlichten wie genialen gemeinsamen Erkenntnis annähern: Erhalt preiswerten Wohnraums am Hafenrand mit den BewohnerInnen.
Für den Durchbruch im Senat, der zwischen Voscheraus Drohgebärden und der Stimmung in der Stadt weder aus noch ein wußte, sorgt, Wunder über Wunder, Voscheraus „Kanzleramtsminister“ Thomas Mirow. Getrieben von der Erkenntnis, daß eine „Lösung“ mit Abrißbirne und Räumkommandos vor allem Voscherau und den SPD-Senat beschädigen würde, hat Mirow mit äußerster taktischer Raffinesse und zielstrebiger Zähigkeit einen Drahtseilakt begonnen, der sich nun einem „guten Ende“ zuzuneigen scheint.
Mirow könnte damit vollbringen, was Ex-Bürgermeister Klaus von Dohnanyi 1986 begonnen hat: Eine Lösung im Dialog mit den BewohnerInnen. Dohnanyi stand damals allein gegen die Mehrheit von Senat und Bürgerschaft, die SPD-Rechte zwang ihn wegen seiner Hafenstraßenpolitik nur eineinhalb Jahre später, im Frühjahr 1988, gar zum Rücktritt.
Pikante Verkettung der Umstände: Der rechtskonservative Voscherau, der zielstrebig Dohnanyis Sturz betrieb und der Hafenstraße nachgerade seinen Bürgermeisterjob verdankt, wird heute von Dohnanyis ehemaliger rechter Hand Mirow auf den Pfad der Vernunft zurückgeführt. Sollte Mirow, in Intelligenz, Wirtschaftsfreundlichkeit und taktischer Ranküne Voscherau seelenverwandt und deswegen von diesem in den Senat geholt, seinen Drahtseilakt erfolgreich abschließen, hätte er nicht nur seinem heutigen Chef geholfen, sondern auch für sich selbst etwas gewonnen: Politisches Profil durch kluges, zielbewußtes Handeln.
Florian Marten
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