CDU will Kooperationsstreit schlichten

■ Von Beust: Wahlreform verschieben / GAL: Wie schön / SPD: Abwarten Von Silke Mertins

Mit Befremden nimmt der SPD-Fraktionsvorsitzende Günter Elste zur Kenntnis, daß die CDU-Opposition eine neue Aufgabe für sich entdeckt hat: Schlichterin im Streit der Regierungsparteien. CDU-Chef Ole von Beust schlug den in der Frage ums zukünftige Wahlrecht zerstrittenen Kooperationspartnern SPD und Statt Partei vor, die ganze Sache in die nächste Legislaturperiode zu verschieben.

Von Selbstlosigkeit getrieben, möchte CDU-Chef Ole von Beust verhindern, „daß die ganze Verfassungsreform kippt“. Schließlich habe man bei 95 Prozent der strittigen Punkte bereits parteiübergreifende Kompromisse gefunden, nur beim Wahlrecht eben nicht. Hier hatten SPD und CDU für ein Einstimmen-Wahlrecht mit Direktkandidaten gestimmt. Statt Partei und GAL stimmten mit vereinten Kräften dagegen; sie wollen das von der Enquete-Kommission empfohlene Zweistimmen-Wahlrecht wie bei den Bundestagswahlen.

Die Reform werde immer mehr „zum Spielball der Eitelkeiten“ zwischen SPD und Statt Partei, mußte Ole von Beust zu seinem Bedauern feststellen. Und damit keine der beiden balgenden Regierungsparteien das Gesicht verliert, solle man verschieben.

Doch die SPD ist undankbar ob der angebotenen CDU-Hilfestellung. Der „nicht abgeforderte Vermittlungsvorschlag“ ist, orakelt Elste, „nicht frei von Eigeninteressen der CDU“.

GAL-Fraktionschef Willfried Maier wird hier deutlicher: Hinter dem Beust-Vorschlag stecke ein „erster Rückzug“ in Sachen Einstimmen-Wahlrecht. Offenbar habe die CDU als erste der beiden Großen eingesehen, daß die öffentliche Meinung die ablehnende Haltung gegenüber dem Zweistimmen-Wahlrecht nicht honorieren wird. Mit dem Vorschlag, die Reform zu verschieben, wolle man sich aus der eigenen Position herauswinden. Die CDU mache zwar keine großen Sprünge, robbe aber durchaus in die richtige Richtung. Von Beust könne sich der GAL-Sympathien sicher sein, wenn seine Partei zur Empfehlung der Enquete-Kommission zurückkehre.

„Was jetzt aus dem Paket der Verfassungsreform herausfällt, hat auch in der nächsten Legislaturperiode schlechte Chancen“, warnt Maier zugleich davor, den CDU-Vorschlag ernst zu nehmen. Auch die Statt Partei hält vom Verschieben nichts: „Das hieße, daß sich in den nächsten sieben Jahren nichts ändert“, winkt Fraktionsprecherin Christa Kochs ab. Lieber wolle man in allen anderen Punkten Kompromisse machen als in der Frage des Zweistimmen-Wahlrechts: „Das gehört zu unseren Essentials.“

„Erst einmal abwarten“ ist dennoch Elstes Devise. Nämlich den Zwischenbericht des Verfassungsausschusses und die dann folgende zweite Verhandlungsrunde.