piwik no script img

Gut gewürzter Eintopf

■ Hammoniale-Finale mit Maguy Marin und Audrey Motaung

Die Hammoniale ging am Wochenende mit zwei Produktionen zuende, die weiter nicht auseinanderliegen konnten: schwarze Hamburger Jugendliche des Laienprojekts African Heritage in Displaced Blacks und die hochprofessionelle französische Compagnie Maguy Marin mit der Choreographie Waterzooi. Trotz des unterschiedlichen Anspruchs haben beide Gruppen ihr Publikum begeistert.

In Waterzooi – der Name bezeichnet ein flämisches Eintopfgericht – mischten sich Tanz, Sprache und Musik. Die teils getanzten, teils gespielten Szenen verkettete die Choreografin Maguy Marin mit der Lesungen eines theoretischen Traktats des französischen Philosophen Descartes über Emotionen. Die sechs Tänzer und sechs Tänzerinnen verarbeiteten auf sehr individuelle Weise, mal ironisch, mal verträumt, die Themen des Textes.

Was beispielsweise Zorn ist, führte die Compagnie vor, indem die strenge Vorleserin – mit beigem Kostüm und schwarzen Pumps äußerst korrekt gekleidet – von einer Tänzerin eine schallende Ohrfeige verpasst bekam. Auch andere menschliche Gefühle wie Liebe oder Besorgnis brachten die Darstellerinnen in sehr sinnlichen Bildern zum Ausdruck. Dabei begleiteten sie sich selbst auf Kinderinstrumenten: Tuteten auf Melodikas und Tröten, bliesen Mundharmonika und klöppelten Melodien auf Glockenspielen und Xylophonen.

Mit immer neuen Formationen verwandelten sie die schlichte Bühne, die nur von einer weißen Linie, die ein schwarzes Quadrat markierte, geschmückt wurde, in ganz unterschiedliche Orte: Anfangs Probebühne für ein kleines Orchester wurde sie zum Wasserbecken, das sorgsam umtanzt sein wollte, durchlebte eine Metamorphose zum Marktplatz, zur Verhörzelle. Dabei konzentrierte sich Marin in den Bewegungen auf eine kraftvolle Eleganz, die jede Beliebigkeit ausschloß.

Ganz anders, aber nicht weniger beeindruckend die jungen Hamburger Afrikaner, die am Freitag zum ersten Mal zeigten, was sie unter der Regie der südafrikanischen Soulsängerin und ehemaligen Presseprecherin des ANC, Audrey Motaung, gelernt haben. In der Form eines Musicals erzählen sie die Geschichte der Begegnung eines Afrikaners, der zum Studium nach Europa kommt, mit schwarzen Großstadtkids, die zunächst für den „Djungleman“ nur Verachtung übrig haben. Nach längerer Diskussion – die die Zuschauer nicht immer überzeugen konnte – lassen sich die Kids darauf ein, ihre afrikanischen Wurzeln zu erkunden, die alten Lieder zu singen und rituelle Tänze zu tanzen. Die Energie, mit dem das junge Ensemble über die Bühne wirbelte und sowohl die traditionellen Tänze wie zeitgenössische HipHop-Nummern souverän umsetzte, riß den sprödesten Hamburger mit.

Iris Schneider

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen