„Wir wollen den Kunden alles abnehmen“

■ Die Bremer Stadtwerke steigen ins Gebäudemanagement ein. Das halbstaatliche Unternehmen will damit neue Märkte erschließen in einer Wachstumsbranche. Kleine und mittlere Betriebe sind verunsichert. Sie fühlen sich der Konkurrenz schutzlos ausgeliefert. Die taz sprach darüber mit dem Stadtwerke-Großkunden-Chef Reinhold Wetjen.

eit der Teilprivatisierung der Stadtwerke 1995 drängt das Unternehmen in neue Märkte. Um das Heizungs- und Klima-Projekt Thermokomfort gab es in Bremen erheblichen Ärger, da die Heizungs-Innung einen monopolistischen Wettbewerber befürchtete. Die Bereiche Telekommunikation und Entsorgung werden allmählich auf- und ausgebaut. Hinzu kommt die jüngste Beteiligung der Stadtwerke am Kauf der Bremischen zusammen mit der Rinteln Stadthagener Eisenbahn AG. Jetzt wollen die Stadtwerker ein weiteres Feld beackern – das Gebäudemanagement. Die taz sprach mit dem Chef der Stadtwerke-Großkundenabteilung Reinhold Wetjen über das neue Vorhaben, über Monopolängste bei kleinen und mittleren Bremer Firmen sowie über das Interesse der Stadtwerke an der Bremischen und die mögliche Beteiligung der Bremischen an der neuen Stadtwerketochter für Gebäudemanagement. Und, ob die neue Stadtwerketochter die Bremische Bürgerschaft preiswerter managen könnte, als die Bremer Baubehörde dies zur Zeit bewerkstelligt.

taz: Herr Wetjen, die Stadtwerke steigen ins Gebäudemanagement ein. Wie weit ist die neue Stadtwerke-Tochter bereits am Markt? Und was ist am Gebäudemanagement so interessant?

Reinhold Wetjen, Leiter der Stadtwerke-Großkundenabteilung: Wir haben vor etwa einem halben Jahr die Stadtwerke-Tochter Bremer Gebäudemanagement GmbH (BGM) gegründet. Inzwischen sind drei Mitarbeiter und der Geschäftsführer Heino Schönwandt eingestellt. Ab sofort können wir mit dem operativen Geschäft loslegen. Je nach Auftragslage werden weitere Mitarbeiter eingestellt. Zudem können die Stadtwerke im technischen Bereich Leistungen beisteuern.

Interessant am Gebäudemanagement sind mehrere Aspekte. Zum einen beschränken sich momentan immer mehr Firmen auf ihre Kernbereiche. Damit werden viele Segmente ausgegliedert, darunter in der Regel auch das Gebäudemanagement. Es handelt sich also um einen Wachstumsmarkt.

Wie macht sich das hier in Bremen bemerkbar?

In Bremen geht es noch sehr langsam los. Betroffen sind in Deutschland eher Städte wie Frankfurt, da wo große Dienstleistungs-Zentren sind – so wie die Frankfurter Bankgebäude. Im Messeturm sind zum Beispiel sämtliche Dienstleistungen vom Pförtner bis zur Vermietung extern vergeben.

Ist das Angebot der neuen Stadtwerke-Tochter auch so allumfassend?

Im Prinzip ja. Wir wollen dem Kunden alles, was am und im Gebäude zu tun ist, abnehmen. Das bedeutet Instandhaltung, Umzüge, Renovierungen, Service wie Ent-sorgung, alles im Bereich Technik und Klima bis hin zur kaufmännischen Verwaltung wie etwa Vermietung.

Auf welches Marktsegment zielt dieses Paket?

Es geht eindeutig in Richtung Bürokomplexe. Das ist der attraktivste Markt. Wie gesagt, vor allem wenn große Firmen diesen Bereich outsourcen, was im Moment gang und gäbe ist.

Die Stadtwerke-Enkelin Thermokomfort hat wegen einer potentiellen Monopolistenstellung der Stadtwerke für erheblichen Ärger auf dem Bremer Heizungsmarkt geführt. Erwarten sie ähnlichen Wirbel um die neue Tochter?

Den Ärger um Thermokomfort will ich jetzt nicht bewerten. Ich denke beim Gebäudemanagement ist die Marktsituation ganz anders. Es gibt bundesweit etablierte Unternehmen wie Lufthansa oder Telekom auf diesem Markt. Es gibt also eine schon vorhandene Struktur, in die wir hineindrängen. Nicht so wie bei Thermokomfort, wo wir ein ganz neues Dienstleistungspaket anbieten.

Die neuen Konkurrenten sind also im Unterschied zu Thermokomfort Großfirmen.

Gebäudemanagement in Deutschland hat sich in der Regel aus verschiedenen Richtungen entwickelt. Das können zum Beispiel Reinigungsfirmen sein, die ihr Angebot ausgeweitet haben. Es gibt auch Handwerksbetriebe, die in andere Bereiche hineingewachsen sind. Es handelt sich dabei aber tatsächlich in der Hauptsache um Großunternehmen.

Also keine kleinen Firmen, die vor den großen Stadtwerken Angst haben müssen?

Nein, die haben mit Sicherheit keine Angst vor den Stadtwerken. Die denken eher, die kleinen Stadtwerke werden es schwer haben in diesem Feld.

Könnten darum zusätzlich Bremer Unternehmen wie bei Thermokomfort mit in die Tochter aufgenommen werden?

Bisher haben wir uns als Partner zwei Wohnungsbaugesellschaften ausgeguckt...

...Bremische und Gewoba?

Bremische und Brebau. Wir wollen aber auch auf Dienstleistungen weiterer Firmen zurückgreifen. Außerdem müssen bei der Beteiligung der Bremischen die Gesellschafter noch zustimmen. Die Stadtwerke werden aber die unternehmerische Führung behalten.

Das heißt mindestens 50,1 Prozentt?

Richtig.

Wie können die Stadtwerke von der Bremischen profitieren? Im Gebäudemanagement? War das die Intention, die hinter dem Kauf steckte?

Die Bremische bedient dieses Marktsegment schon seit einiger Zeit. Darunter fällt Instandhaltung, Instandsetzung. Und auch die ganzen kaufmännischen Tätigkeiten der Bremische hinsichtlich des Gebäudemanagements ergänzen sich sehr schön mit unsereren Plänen. Hinzu kommt die hervorragende Planungsabteilung. Das sind für uns die strategischen Überlegungen beim Kauf der Bremischen gewesen.

Entsteht durch dieses Konstrukt Stadtwerke, Bremische und Brebau nicht ein Oligopol, das die Preise auf dem Bremer Markt kaputtmacht? Nicht nur im Gebäudemanagement, da Sie doch sicher auch noch in andere Marktsegmente eindringen wollen.

Diese Befürchtung teile ich nicht. In Städten wie Frankfurt werden Verträge für Gebäudemanagement inzwischen europaweit ausgeschrieben. Da interessieren die kleinen Stadtwerke nicht, selbst wenn sie in Bremen ein Monopol aufbauen wollten. Auch einen abgekapselten Markt in Bremen wird es nicht geben. Wir werden natürlich versuchen, als erste die frisch outgesourcten Bereiche Bremer Firmen zu erreichen. Zudem überlegen wir, was mit Neubauten ist. Allerdings wissen Sie selber, daß die großen Gebäudekomplexe in Bremen zur Zeit nicht gebaut werden. Es gibt lediglich am Flughafen einige neue Entwicklungen.

Generell wollen wir neben dem Gebäudemanagement in der Telekommunikation und in der Entsorgung arbeiten. Mehr haben wir nicht vor. Das sind also Tätigkeiten, die schon zu den heutigen Aufgaben der Stadtwerke passen. Und es sind Märkte mit einem hohen Wettbewerb. Man kann also nicht davon sprechen, daß eine besondere Stellung der Stadtwerke ausgenutzt wird, was immer unterstellt wird. Oder daß die Stadtwerke so groß werden, daß sie nicht mehr händelbar sind. Beispiel Telekommunikation: Da entsteht ab dem kommenden Jahr ein großer Wettbewerb.

Steigen die Stadtwerke eigentlich demnächst zusammen mit dem neuen Sponsor und Telekommunikator o.tel.o bei Werder Bremen mit ein?

Bei Werder Bremen steigen wir gerne ein, aber o.tel.o ist und bleibt ein Konkurrent.

Zurück zum Gebäudemanagement: Das Bremer Schulressort will dieses für Schulen eventuell ausgliedern und privatisieren. Auch das Bauressort plant ähnliches. Wollen die Stadtwerke – ähnlich wie die Gewoba, die bereits ein Angebot gemacht hat – an diesen öffentlichen Kuchen herankommen?

Sollte die Stadt so etwas ausschreiben, werden wir uns daran mit Sicherheit beteiligen.

Könnte dies dann auch eine Kooperation mit der Gewoba bedeuten?

Das bleibt abzuwarten. Berlin hat zum Beispiel sein Schulmanagement abgegeben, dies aber auf mehrere Firmen gesplittet. Damit vermeidet man eine Pleite durch einen einzigen Partner. Außerdem kann man den Konkurrenzdruck ausnutzen. Darum ist auch in Bremen die Vergabe aller Schulen an Gewoba und Bremische nicht sehr wahrscheinlich. Und wir wollen auch gar nicht nur in Richtung Schulen gucken. Wir fokussieren unser Augenmerk lieber auf private Projekte.

Trotzdem – könnte die Bremische Bürgerschaft demnächst von den Stadtwerken verwaltet werden?

Das könnte ich mir gut vorstellen. Bei den Politikern gibt es doch gar keine richtigen Vorstellungen darüber, was Gebäudemanagement eigentlich ist und was es alles leisten kann. Nämlich alles was der Kunde von uns wünscht. Und das in der Bürgerschaft den Politikern Tag für Tag zu zeigen, würde schon Spaß machen.

Könnten die Stadtwerke die Bürgerschaft billiger managen?

Ich glaube wir könnten das bestimmt zehn Prozent preiswerter machen. Wir haben mehr Investitionsmittel parat, können schneller handeln und haben die besseren Leute. Das spart viel Geld. Interview: Jens Tittmann