Wirtschaftliche Ruine

■ Management-Berater bescheinigen dem Tacheles professionelle Arbeit

Einen Tag nach dem Begin des Räumungsprozesses gegen den Tacheles-Verein hat die renommierte Management-Beratungsfirma Booz Allen & Hamilton den Tacheles-Betreibern eine „realistische und professionelle Arbeit“ bescheinigt. Markus Klimmer, Mitarbeiter der Management- Firma, schloß auch den professionellen Umgang mit Finanzen ein. „Der Kultursenator könnte stolz sein“, betonte Klimmer, „wenn dies auch für traditionelle Kultureinrichtungen gelten würde.“

Booz Allen & Hamilton rechnet sich selbst zu den „großen internationalen Top-Management-Beratungen“. Sie hätten bereits Projekte für den Senat, die niederländische EU-Präsidentschaft und den US-Vizepräsidenten durchgeführt. Die kostenlose Beratung für das Tacheles sei auf Bitten von Mitarbeitern des Goethe-Instituts zustande gekommen.

Um das Kulturhaus auch nach dem Auslaufen der ABM-Stellen im Oktober wirtschaftlich zu halten, empfahlen die Manager jedoch „harte Maßnahmen“, wie Stellenabbau, Kürzung der ohnehin niedrigen Gehälter und eine drastische Erhöhung der Ateliermieten für die Künstler. Wenn gleichzeitig die Einnahmen etwa durch Honorare für Drehgenehmigungen auf dem Areal stiegen, sei der Betrieb des Hauses selbst bei vorsichtigen Annahmen „auch ohne Lottogewinn“ gesichert, so Klimmer.

Entscheidend für die Zukunft des Tacheles sei jedoch eine baldige vertragliche Lösung, meinte Klimmer. Diese könne mit oder ohne die Fundus-Gruppe gefunden werden. Der Investor Fundus will auf dem Gelände rund um das Tacheles das Johannisviertel errichten, das Kulturhaus sanieren und eine Stiftung als Träger gründen. Zuvor müßte das Areal von der Oberfinanzdirektion (OFD) gekauft werden.

Auch die Tacheles-Betreiber wollen ein Stiftungsmodell. Den Fundus-Entwurf lehnten sie aber ab, da er viele Kündigungsmöglichkeiten für den Investor gelassen habe. Zudem hätte Fundus in die kulturelle Arbeit eingreifen können. Die Widersprüche hält Klimmer zwar nicht für unüberwindbar, aber auch ohne Fundus könne das Tacheles erhalten bleiben. Da die denkmalgeschützte und kostspielig zu sanierende Ruine den Gesamtpreis für das Areal drücke, könne die OFD das Gelände ohne das Tacheles teurer verkaufen. Mit diesem Geld könne die Sanierung bezahlt werden. Klimmer widersprach der Aussage von OFD-Sprecher Helmut John, daß es eine solche Wertsteigerung nicht geben könne.

Mit der Begründung, daß die OFD nicht für kulturelle Arbeit zuständig sei, hatte John die Trennung der Areale stets abgelehnt. Nach dem Scheitern der Verhandlungen zwischen Fundus und Tacheles im März hatte die OFD die Räumungsklage eingereicht. Mit der Fortsetzung des Prozesses wird nicht vor August gerechnet. Eine endgültige Entscheidung könnte noch wesentlich länger auf sich warten lassen. Gereon Asmuth