Baustadträtin im Visier

■ BVV-Ausschuß in Mitte soll Vorwürfe gegen Karin Baumert prüfen

Mittes CDU-Fraktionschef Frank Henkel brachte zur Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung am Donnerstag den Entwurf eines Abwahlantrags gleich mit. Die bisherige Amtszeit Karin Baumerts sei eine „einzige Pannenserie“, tönte er und forderte die parteilose Baustadträtin mit dem Mandat der PDS zum Rücktritt.

Das Gros der Bezirksverordneten hatte es nicht ganz so eilig. Sie sprachen sich dafür aus, einen zeitweiligen Untersuchungsausschuß einzusetzen, der erst einmal prüfen soll, was an den Vorwürfen gegen die gelernte Stadtsoziologin dran ist. „Stimmen sie, muß Frau Baumert gehen“, äußerte der Chef der Fraktion Bündnis Mitte, Frank Bertermann. Auch die SPD erklärte, einem begründeten Abwahlantrag zuzustimmen.

Kritik an der Amtstätigkeit hatte es in den vergangenen Wochen verstärkt gegeben. So war Karin Baumert Ende April angegriffen worden, weil sie dem Abriß von Segmenten der Berliner Mauer durch die Evangelische Sophiengemeinde zugestimmt hatte. „Ich war davon ausgegangen, daß sich auf dem Gelände noch immer Massengräber aus den Kriegstagen befinden“, so Baumert. Erst später zeigten Luftbilder, daß die Toten, wie so manches beim Mauerbau, offenbar beräumt worden waren.

Ärger gab es auch bei der Entscheidung um einen Betreiber des Wochenmarktes vor dem Roten Rathaus. Hier hätte normalerweise das gesamte Bezirksamt einen Beschluß fassen müssen. Karin Baumert segnete den Vertrag in der vorigen Woche allein ab, das Bezirksamt sanktionierte ihre Entscheidung allerdings im nachhinein.

Was bleibt, ist der Vorwurf des eigenmächtigen Eingriffs in Verträge des Mieterberatungsbüros „Mieterstadt“, dessen Geschäftsführerin Karin Baumert bis zu ihrem Amtsantritt war. Die Bezirksverordneten müssen prüfen, inwieweit die Vertragsänderungen zum Nachteil des Landeshaushalts geschahen.

Die Stadträtin selbst räumte bereits Verfahrensfehler ein. Bürgermeister Zeller (CDU) erstattet bei Landesrechnungshof und Senatsfinanzverwaltung eine „Unregelmäßigkeitsanzeige“, da möglicherweise Schaden in Höhe von einigen zehntausend Mark entstanden ist.

Zweitens soll die Stadträtin bei der Vergabe eines Untersuchungsauftrags an das Mieterbüro BfsS zur Bedingung erhoben haben, daß BfsS den empirischen Teil der Untersuchungen an das Büro Ifad abtritt. So liest es sich in den Unterlagen der Bauabteilung. Ihr wurde daraufhin eine Begünstigung der Ifad vorgeworfen. Vor der BVV im April hatte Karin Baumert dagegen erklärt, daß es keine derartigen Absprachen gegeben habe.

Mittes Baustadträtin ist nicht die erste PDS-nahe Kommunalpolitikerin, der Selbstherrlichkeit im Amt vorgeworfen wurde. Selbstbewußtes und entscheidungsfreudiges Auftreten bescherte 1994 der damaligen Pankower Baustaddträtin Claudia Nier einen Abwahlantrag. Kathi Seefeld