Software für Strahlen

Die Castor-Erbauer testen neue Transportbehälter weiter nur im Computer  ■ Aus Gundremmingen Klaus Wittmann

„Wir werden im nächsten Jahr die neuen Castor-Behälter vom Typ V/52 haben, das sind Behälter, die 52 und nicht mehr nur 16 Brennelemente beinhalten“, sagt Manfried Lasch, Pressesprecher der Betreiber der beiden Reaktorblöcke in Gundremmingen. Zur Zeit würden bereits fünf dieser Groß-Castor-Behälter gefertigt, drei seien schon abgegossen.

„Der Behälter ist unter allen Umständen dicht“, beteuert Lasch. „Die Behälter sind auch getestet worden bei Abwürfen aus Flugzeugen und Hubschraubern!“ Die Sicherheit der Bevölkerung sei also zu keinem Zeitpunkt gefährdet. Auch wenn der V/52 noch niemals eingesetzt wurde, bestünden keine Bedenken. Der Behälter sei baugleich mit dem bereits vorhandenen V/19er, der für je 19 der größeren Druckwasser-Brennelemente verwendet würde.

Castor-Experten wie der Gießener Verfahrenstechniker Professor Elmar Schlich und der Hannoveraner Diplom-Physiker Wolfgang Neumann von der Gruppe Ökologie vom Institut für ökologische Forschung und Bildung schütteln darob den Kopf (siehe Interview).

Der Pressesprecher in Gundremmingen reagiert verhalten, als er mit den Bedenken der Castor- Experten konfrontiert wird. „Sie sollten wohl doch besser beim Hersteller, bei der Firma Gesellschaft für Nuklearbehälter (GNB), nachfragen“, sagt er auf die tazAnfrage. Dort, in Essen, hatte man den Anruf bereits erwartet. Doch nicht etwa die Betreiber des AKW Gundremmingen hat die Atomfirma verständigt, „wir wissen das aus anderer Quelle“, heißt es. Die Verbindungen zwischen Prüfbehörde und den Erbauern der Transportbehälter sind anscheinend eng: Das Bundesamt für Materialprüfung und -forschung (BAM) in Berlin hatte zuvor auf Anfrage ebenfalls empfohlen, bei der GNB nachzufragen. Zwei Tage hatte die Bundesbehörde benötigt, um schließlich zu einem konkreten Fragenkatalog lediglich auf allgemeine Bestimmungen der Internationalen Atomenergie Agentur (IAEA) zu verweisen.

Zur Frage, ob es möglich sei, daß neue Castor-Behälter tatsächlich nur als Computersimulationen oder Rechenmodelle überprüft würden und gar keine ausführlichen experimentellen Tests stattfänden, meinte BAM-Sprecher Jürgen Lexow: „Wenn die Behälter zugelassen sind, dann spielt es keine Rolle, nach welchem der vier möglichen Verfahren das erfolgt ist, dann sind sie genehmigt aufgrund vorgeschriebener Prüfungen.“

Bei der GNB wird zunächst beteuert, die Tests seien ordnungsgemäß erfolgt. Doch aus den Schriftsätzen ergibt sich, daß die Aussagen des Gießener Professors Schlich sehr wohl stichhaltig sind, auch wenn bei der GNB, einer Tochtergesellschaft der Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS), genau das Gegenteil behauptet wird. Wörtlich heißt es in einer Pressemitteilung: „Von 1978 bis 1995 wurden mehr als 40 Fallversuche mit verschiedenen Typen von Behältern für ausgediente Brennelemente und hochradioaktive Abfälle durchgeführt. Anhand dieser Fallversuche wurden die verwendeten Rechenverfahren immer wieder validiert. Weiterhin sind bei der Prüfung der Auslegung der Castor-V/19-Behälter die Versuchsergebnisse eines ähnlichen Behälters, mit dem in Japan Fallversuche durchgeführt wurden, bekannt gewesen, so daß hier noch eine zusätzliche experimentelle Absicherung der Rechenergebnisse bestand.“

Warum die Erbauer der Castor- Behälter nicht einfach für jeden Typ praktische Falltests durchführen, bleibt unklar – genug Geld für die kostspieligen Tests dürfte vorhanden sein.