Streit zwischen Waigel und Rühe

■ Der Verteidigungsminister muß Gelder einsparen. Er droht, möglicherweise sei damit der Bau des Eurofighters gefährdet

Bonn (taz) – Die Geldnöte der Koalition machen Finanzminister Theo Waigel im Kabinett immer unbeliebter. Besonders verärgert scheint Verteidigungsminister Volker Rühe zu sein. Waigel könne nicht in seine Befehlsgewalt und seine Verantwortung für die Sicherheit der Soldaten hineinregieren, soll Rühe gesagt haben.

Hintergrund des Streits: Gesamtausgaben im laufenden Verteidigungsetat in Höhe von 12,3 Milliarden Mark unterliegen dank der Waigelschen Haushaltssperre der Genehmigung des Finanzministeriums – und das hat bereits die ersten Anträge abgeschmettert. Am 26. Juni wollen sich die beiden Minister treffen. Einfach wird eine Einigung nicht werden. Bereits im laufenden Haushalt muß die Hardthöhe aufgrund von Vorbelastungen aus dem letzten Jahr irgendwo rund 1,9 Milliarden Mark einsparen. Das trifft alle Bereiche, bis hin zu Zuschüssen für Bahn- Cards. Bislang aber konnte nicht die gesamte Summe zusammengekratzt werden, und das Finanzministerium will deshalb keine zusätzlichen Ausgaben für Neuanschaffungen genehmigen.

Nun mehren sich auch noch die Anzeichen, daß Waigel für 1998 weitere Einschnitte im Wehretat plant. Rühe hat dagegen bereits öffentlich protestiert und erklärt, daß für die Anschaffung des geplanten Eurofighters eine solide Finanzierung Voraussetzung sei. An dem liegt CSU-Chef Waigel viel: Kommt er nicht, dann droht in Bayern der Verlust von Tausenden von Arbeitsplätzen. Gegen Kürzungen des Wehretats hat sich gestern auch der verteidigungspolitische Sprecher der Union, Paul Breuer, ausgesprochen. Sie bedeuteten „den Einstieg in den Ausstieg aus der allgemeinen Wehrpflicht“.

Ein Bereich, in dem wohl kaum gespart werden kann, ist die Beteiligung der Bundeswehr am SFOR- Einsatz in Bosnien. Eine erste Erfolgsbilanz wollen die SFOR- Entsendestaaten am 17. Juni ziehen. Schon jetzt aber ist klar, daß eine bei Beginn der Operation erhoffte baldige Truppenreduzierung nicht ansteht. Die politische Umsetzung des Friedensplans von Dayton gestaltet sich weiterhin schleppend. Die Bundeswehr wird jetzt auch verstärkt in einer Grauzone zwischen militärischen und zivilen Aufgaben tätig. Am 23. Juni soll ein Team einsatzfähig sein, das Informationen über Infrastruktur, Aufnahmebereitschaft und Aufnahmefähigkeit zahlreicher Orte in Bosnien sammelt und an eine Koordinationsstelle für die Rückführung von Flüchtlingen in Sarajevo weiterleitet. „Große Mengen“ von Flüchtlingen können allerdings nach Einschätzung von Experten derzeit nicht verkraftet werden, um das fragile Gleichgewicht nicht zu stören. Bettina Gaus