: Vorangekommen, aber noch nicht am Ziel
■ Deutsch-französischer Gipfel in Poitiers bleibt ohne Ergebnisse. Entscheidung über den Stabilitätspakt ist verschoben. Einigung nächste Woche in Amsterdam?
Poitiers (taz) – „Wir kommen voran“, behaupteten gestern in Poitiers alle. Die Franzosen um den sozialistischen Premierminister und aus dem Umfeld des neogaullistischen Präsidenten und die deutsche Delegation. Aber zu einem Kompromiß beim 69. deutsch-französischen Gipfel reichte es nicht. Am Ende sagten der Christdemokrat Kohl, der Neogaullist Chirac und der Sozialist Jospin, sie seien froh, sogar „glücklich“, sich getroffen zu haben. Der Kompromiß für den EU- Gipfel, der am Montag in Amsterdam beginnt, ist damit verschoben. Als erstes werden heute nachmittag die Politiker in Paris versuchen, ihre Positionen in einem Gespräch anzunähern. Anschließend müssen dann die Finanzminister der 15 EU-Länder in Amsterdam letzte Einigungsversuche unternehmen. Das größte Problem zwischen den deutsch-französischen und innerfranzösischen Beziehungen ist der sozialistische Vorschlag, in Amsterdam Beschäftigungsgarantien zusätzlich zum Stabilitätspakt zu verabschieden. Das hatten die Linken im französischen Wahlkampf versprochen. Das haben 70.000 Demonstranten am Donnerstag in Paris eingeklagt. Das hat die französische Regierung gestern schriftlich nach Bonn geschickt: Sie wünscht, daß die Arbeitsmarktpolitik in der EU „sehr weitgehend“ vereinheitlicht und in sämtlichen Politikbereichen berücksichtigt wird. Diesem Vorschlag, der an die lange diskutierte europäische „Wirtschaftsregierung“ erinnert, steht ein Vorschlag des niederländischen Ratsvorsitzenden entgegen, der die Beschäftigungspolitik weiter als nationale Angelegenheit betrachtet und nur mehrjährige Beschäftigungsprogramme anregen will. Die deutsche Regierung wiederholte in Poitiers ihr schon bekanntes Ja in einem „Beschäftigungskapitel“ unter der Voraussetzung, daß es nichts kostet.
In der westfranzösischen Stadt, in der das Treffen in dem Vergnügungspark „Futuroscope“ stattfand, war statt Einigung Fühlungnahme zwischen den neuen Akteuren auf der deutsch-französischen Bühne angesagt. Kanzler Kohl kam dabei die Rolle des begehrten Mittelsmannes zu. Nacheinander tagte er mit dem Präsidenten und dem Premierminister. Anschließend wetteiferten deren Sprecher um die längsten Gesprächs- und Tête-à-tête-Zeiten.
Präsident Chirac hat sich aus den härter gewordenen europäischen Verhandlungen gestern halboffiziell verabschiedet. Die neue Regierung hat Vorschläge gemacht, jetzt soll sie die auch in Europa verhandeln, erklärten seine Sprecher. Den Schwarzen Peter für die sozialpolitische Komponente in der EU hat jetzt Jospin. Dorothea Hahn
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