Castor-Transporte der Superlative

■ Atomlobby will 4.000 Brennelemente in neuen Castor-Giganten nach Gorleben und Ahaus bringen

Gundremmingen (taz) – Über 4.000 hochradioaktive Brennelemente sollen in den nächsten Jahren in die Zwischenlager Gorleben und Ahaus geschafft werden. Dafür müssen zwischen 40 und 100 Castor- Transporte quer durch die Bundesrepublik rollen. Das wird an einer Auflistung deutlich, die der bayerische Landtagsabgeordnete Raimund Kamm (Bündnis 90/ Die Grünen) über seine Bundestagskollegen beim Bundesumweltministerium angefordert hat. Kamm: „In den nächsten Jahren sollen 2.200 abgebrannte Brennelemente allein aus Gundremmingen in die Zwischenlager nach Ahaus und Gorleben gebracht werden“ – die Hälfte aller Castor-Transporte in Deutschland.

Die Strahlenlager der deutschen AKW- Betreiber füllen sich zunehmend. Die Abklingbecken mit stark strahlenden abgebrannten Brennelementen aus der Stromproduktion sollen möglichst billig geleert werden. Deshalb steigen die Betreiber so bald wie möglich aus der Wiederaufarbeitung in Frankreich oder England aus.

Einen Vorreiter spielt nun das Kernkraftwerk in Gundremmingen an der Donau bei Ulm, eine Tochter von RWE und den Bayernwerken. Mit seinen beiden Blöcken ist es der leistungsstärkste AKW- Standort in der Bundesrepublik. Künftig sollen abgebrannte Brennelemente von dort nur noch in die Zwischenlager Gorleben und Ahaus rollen. Auf die Transporte in die Wiederaufbereitungsanlagen Sellafield (England) und La Hague (Frankreich) soll verzichtet werden, sagte Unternehmenssprecher Manfried Lasch.

Falls die Regierungen von Bund und Ländern die Castor-Behälter nicht schnell genug durchprügeln, hält sich Lasch aber noch ein Hintertürchen offen: „Wenn die Transporte in die Zwischenlager problemlos gehen, stellen wir Sellafield und La Hague ein. Falls die Transporte schwierig werden, wird der Weg in die Wiederaufbereitung wieder eröffnet“, sagte er. „Wir werden zu Beginn des kommenden Jahres die nächsten Transporte planen, und die können sowohl nach Gorleben als auch nach Ahaus gehen.“

Für die Transporte werden bereits neue Castor-Behälter konstruiert. Sie gleichen dem Castor-Typ V, der im Frühjahr in dreifacher Ausführung von Neckarwestheim nach Gorleben transportiert wurde. Die Siedewasserreaktoren haben allerdings kleinere Brennelemente als die Druckwasserreaktoren von Neckarwestheim. Deshalb wird ein neues Innenleben für die Castor-Behälter fällig.

„Der Castor-Typ V ist zur Aufnahme von mehr Brennelementen nun rund statt viereckig, deshalb gehen mehr Brennelemente rein, und meines Wissens hat es mit dem Castor V bisher keinen einzigen Versuch gegeben. Das ist aus meiner Sicht sehr leichtsinnig“, meint Professor Elmar Schlich, Verfahrenstechniker in Gießen und ehemaliger Konstrukteur von Transportbehältern für Brennelemente. Die Behälter wurden nur per Software-Simulation am Computer gecheckt.

Greenpeace bezweifelt, daß diese Rechenbeispiele für einen seriösen Test ausreichen und dies auch mit einem Gutachten der Gruppe Ökologie aus Hannover belegt. Und auch in Japan durchgeführte praktische Versuche taugen nicht als Beleg, erklärt Greenpeace. Die Tests können nicht einfach auf deutsche Genehmigungsverfahren übertragen werden. Klaus Wittmann

Bericht und Interview Seite 7