■ Kommentar
: Wahlerfolg und Scherbenhaufen

Das Wahlergebnis war für Heinz Weisener ein Erfolg auf ganzer Linie. Alle vom Präsidenten des FC St. Pauli empfohlenen Kandidaten wurden in den Aufsichtsrat gewählt. Die Kontrahenten von der „Arbeitsgemeinschaft interessierter MitgliederInnen“(AGiM) blieben auf der Strecke, ebenso sämtliche freien Kandidaten.

Ein strahlender Erfolg war es dennoch nicht. Nur mit Rücktrittsdrohungen boxte der Vereinsobere seine Mannschaft durch. Vielen erschien dies für den „etwas anderen Verein“unpassend und sie fühlten sich an den HSV erinnert. Doch so überraschend war es nicht, wie sich Heinz Weisener im Vorwege der Wahl verhielt.

Schon seit längerem pflegt der 69jährige jedwede Opposition in seinem Club zu unterbinden. Dazu meint Weisener die Berechtigung zu haben. Er habe einiges für den Verein getan, betont er immer wieder. Muß er gar nicht, denn jeder weiß, daß der FC längst in der Versenkung verschwunden wäre, wenn der Architekt nicht mit seinem Privatvermögen eingesprungen wäre. Doch nur weil Heinz Weisener Millionen in den FC gesteckt hat – wie viele weiß keiner genau – gehört ihm der Club nicht. Das hat insbesondere die AGiM Weisener häufiger, als ihm lieb war, zu verstehen gegeben.

Auch die unorganisierten Fans haben nie einen Hehl daraus gemacht, daß ihnen Weiseners Führungsstil nicht zusagt. Sie haben jedoch nur selten im Stadion offen die Konfrontation gesucht. Erst nach dem Abstieg wurden die Stimmen lauter – unangemessen fand das Weisener und belferte massiv Richtung Anhängerschaft, dem größten Kapital, das der FC besitzt. Vor der Aufsichtsratswahl eskalierte der Disput.

Doch jetzt, nach vollendeter Mission, sucht Weisener das Gespräch mit den „Wichtigtuern“, wie er seine Kritiker abkanzelte. Das hätte er besser vor der Aufsichtsratswahl getan und nicht erst jetzt, wo das Image des FC weiter Schaden genommen hat. Nun versucht Weisener, die Scherben zu beseitigen, die er zu einem großen Teil selbst verursacht hat. Ein, zwei unverbindliche Alibirunden werden aber nicht reichen. Weisener muß wirklich wollen, sonst kann er sich die Veranstaltung gleich sparen .

Clemens Gerlach