Fünf solide Jungs vor Gericht

■ Alle fünf stammen aus soliden bürgerlichen Verhältnissen. Wieso nur beteiligten sie sich an Bankraub und Mord?

Willenlos wollen die fünf Freunde auf das zugerollt sein, wofür sie jetzt auf der Anklagebank sitzen: Raubüberfall und Mord. Am Freitag wurde vor dem Hamburger Landgericht der Überfall auf die Filiale der Dresdner Bank an der Oberhafenstraße verhandelt, bei dem am 14. November 1996 ein Angestellter erschossen worden war.

Man habe mal über Geld geredet, mal über den Traum der beruflichen Selbständigkeit, naja, und im Scherz sei dann auch mal davon gesprochen worden, eine Bank zu überfallen. Und plötzlich gab es kein Zurück mehr. Am Freitag ließen die fünf über ihre AnwältInnen verlesen, was sich an jenem 14. November in der Bankfiliale abgespielt habe.

Daß gegen 18 Uhr nur noch der Angeklagte Oliver M., selbst Angestellter der Bank, sowie ein Kollege in der Filiale waren. Daß dann die beiden angeheuerten Kroaten reinkamen, den Bankkollegen, wie abgesprochen, in den Keller führten und ihn dort, angeblich nicht wie abgesprochen, erschossen. Daß sie dann Oliver M. zum Schein anketteten.

Mit Mord, so beteuern die jungen Männer einhellig, hätten sie jedenfalls nichts zu tun. Über Waffen sei nur einmal kurz gesprochen worden, und klar sei gewesen: Mit uns nicht. Und dann doch mit ihnen. Der Schütze, der Kroate Zeljko D., ist flüchtig, die Kumpels sitzen in Untersuchungshaft.

Bis auf Michael Z. Der hatte schon vor dem Banküberfall kalte Füße bekommen und hatte sich an die Polizei gewandt. Nur: „Als der Polizist mich auslachte, bin ich gegangen.“Dem Polizeibeamten mag Michael Z. wie ein Märchenerzähler vorgekommen sein, was auch am jugendlichen, harmlosen Äußeren gelegen haben mag. Fast möchte man auch Oliver M. und Hajo K. als „zart“beschreiben.

Aus soliden bürgerlichen Verhältnissen stammen sie allesamt. Alle auch aus Kirchwerder. Man kennt sich dort. Nun sitzt man zusammen auf der Zuschauerbank, betrachtet fassungslos die fünf soliden Jungs, deren Zukunft nun von einer fünfjährigen bis lebenslangen Freiheitsstrafe bedroht ist.

Fassungslos schüttelt die Mutter von Oliver M. den Kopf, als sie gefragt wird, warum ihr Sohn sowas getan hat. „Das Bild eines Bankräubers paßt nicht, oder?“sagt sie, beinahe hoffnungsvoll. Dann mutmaßt sie: „Er war unter Druck.“

Auch Stefan S. ist unter den Zuschauern, ein Freund von Michael Z. „Warum hat er Geld gebraucht?“Das fragt Stefan S. sich immer wieder. „Der hatte ein neues Auto und eine schicke Wohnung.“Er habe den anderen wohl noch etwas geschuldet. „Und dann war er ein Mitläufer.“Der Prozeß wird fortgesetzt.

Elke Spanner