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■ Allgäuer Brauerei kredenzt Bio-Vollmond-BierAktion dosenfreie Zone Allgäu

Rettenberg/Appenzell (taz) – Der Mond boomt. Daß inzwischen kaum noch ohne Mondphasenberechnung gesät, gesäubert oder geerntet wird, haben nicht zuletzt auch die Allgäuer erkannt. In Rettenberg, am Fuße des Allgäuer Hausberges Grünten, wurde dieser Tage einer kleinen Runde eine neue Kostbarkeit aus dem Süden der Republik kredenzt: das erste Vollmond-Bier, gebraut mit rein biologischen Rohstoffen aus kontrolliertem Anbau.

Der nicht ganz schlanke Bürgermeister der Allgäu-Gemeinde sitzt zusammen mit dem Braumeister, mit Brauereichef Herbert Zötler und einigen Dorfbewohnern im „Bräustüble“ und sinniert vor sich hin. „Wir werden jetzt nur noch ganz weise Beschlüsse fassen!“ Dann erklärt sich Gemeindechef Josef Kirchmann sogar dazu bereit, sich von der jungen Wirtin die Augen verbinden zu lassen. Die anderen in der Runde tun es ihm gleich. Der Biertest mit verbundenen Augen hat seinen guten Grund: Das Vollmond-Bier ist ein naturtrübes Gebräu, das man natürlich auf den ersten Blick als solches erkennen würde. Streng wacht Braumeister Helmut Weber über das folgende Ritual. Wirt und Wirtin bringen den Testern jeweils vier Gläser, gefüllt mit unterschiedlichem Gerstensaft. Schon aus der ersten Tester-Runde geht das Vollmond-Bier als Sieger hervor. „Auf Anhieb erkannt“, lautet das Ergebnis.

Obwohl jeder der Beteiligten nur einmal zuvor das Vollmond- Bier kosten durfte, erinnerte sich jeder an den Geschmack der neuen Marke, die für die mittelständische Brauerei Zötler gleichzeitig den Einstieg in die Bio-Bier-Sparte einläutet. „Wir kämpfen seit Jahren gegen die Dosenflut – bei uns wird niemals Bier in Dosen abgefüllt. Seit Beginn der Aktion ,Dosenfreie Zone Allgäu‘ ist bei uns das Interesse gewachsen, einmal ein Bio-Bier zu brauen“, erzählt der Brauereichef. „Irgendwann ist mir dann aufgefallen, daß fast in jedem Allgäuer Haushalt neuerdings ein Mondkalender hängt. So bin ich auf die Idee mit dem Vollmond-Bier gekommen.“ Beim Versuch, die neue Marke schützen zu lassen, mußte Herbert Zötler dann freilich feststellen, daß schon eine kleine Schweizer Brauerei europaweit die Rechte auf „Vollmond-Bier“ besitzt. Es kam zu einem Lizenzabkommen, das zwischenzeitlich laut Lizenznehmer Peter Brogli aus Appenzell auch mit sechs weiteren württembergischen und bayerischen Brauereien geschlossen wurde.

Schon 1991 ist zwei Wirten in Zürich die Idee zu einem Vollmond-Bier gekommen. Ursprünglich ließen sie das Bier nur für ihre Kneipe brauen, damals noch aus konventionellen Ingredenzien. Doch jetzt haben die Schweizer bereits weitere Verträge mit deutschen Mittelstandsbrauereien unterzeichnet.

Was aber schmeckt nun so anders oder ist so anders am Vollmond-Bier? „Es sind ganz bestimmte Rohstoffe, eine bestimmte Hefe, die wir sonst nicht verwenden und es wird tatsächlich – Hand aufs Herz – wirklich nur in der Vollmondnacht gebraut“, erläutert der Braumeister aus dem Allgäu. „Es kann also durchaus vorkommen, daß die 20.000 Liter schneller verkauft werden, als es wieder eine Vollmondnacht gibt. Dann gibt es eben eine Zeitlang kein Vollmond-Bier“, versichert Brauereichef Zötler.

Über die anregende Wirkung wird im „Bräustüble“ noch heftig diskutiert. Der Bürgermeister glaubt nach ein paar Gläsern konsequent an die „göttlichen Eingebungen, spätestens bei der nächsten Vollmondnacht“. Gut sei es, daß der Brauereichef im Rettenberger Gemeinderat sitzt, stimmt die Runde überein: Nachschub garantiert! Klaus Wittmann

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