Rechtsradikale Anschläge in Norddeutschland

■ In Rostock wurden zwei Ausländer zusammengeschlagen, in Vorpommern ein Zeltlager überfallen, im friesischen Husum ein Kirchenaltar in Brand gesetzt

Berlin (taz) – Zwei Schwerverletze, zwei Leichtverletzte und eine angezündete Kirche: Das ist das vorläufige Resultat einer Serie von Überfällen, die am Wochenende in Norddeutschland verübt wurden. Vermutlich gehen alle auf das Konto Rechtsradikaler.

In Rostock wurde ein Asylbewerber aus Togo krankenhausreif geschlagen. Die Tat verlief nach bekanntem Muster: Jugendliche beschimpften den 33jährigen, der mit seiner Freundin spazierenging. Dann schlugen sie ihn mit Fäusten und traten mit Springerstiefeln auf ihn ein, als er schon am Boden lag. Der Mann mußte vom Notarzt mit Verdacht auf Knochenbrüche ins Krankenhaus eingeliefert werden. Ein stark alkoholisierter Tatverdächtiger wurde noch in der Nacht festgenommen.

Schon am Sonnabend war es in der Hansestadt zu einer Schlägerei auf dem Wochenmarkt gekommen. Mit Hitlergruß griffen etwa 15 Rechtsradikale einen 14jährigen Türken an. Mehrere türkische Händler verteidigten ihn und griffen zu Eisenstangen. Die Polizei beendet die Prügelei, zwei Jugendliche wurden leicht verletzt.

Zusammengeschlagen wurde auch ein 16 Jahre alter Camper im vorpommerschen Liepgarten. Jugendliche, die rechtsradikale Parolen grölten, griffen ein alternatives Zeltlager an, rissen zwei Zelte um und ließen den jungen Mann schwerverletzt zurück. Die Polizei ermittelt wegen Körperverletzung und Verdachts auf Landfriedensbruch. Von den Tätern fehlt bisher jede Spur.

Unbekannt ist auch, wer in der Nacht zum Sonntag die evangelische Christuskirche in Husum angesteckt hat. Die Täter brachen durch ein Fenster in die Kirche ein und übergossen den Altar mit Terpentin. Das Feuer ging von selbst aus. Die Polizei schätzt den Schaden auf 100.000 Mark. Daß auch hier die Täter aus der rechtsradikalen Szene stammen, legt ein Flugblatt nahe, das an der Tür der Husumer Kirche gefunden wurde. Nach Angaben der Polizei heißt es darin: „Der Richterspruch ward so hallend laut, daß ein jeder dies vernehmen sollt: Jesus Christus, König der Juden, mit all seiner Brut ist schuldig des Diebstahls, der Feigheit, des Lügenmundes, der Volkshetze und all seiner weiteren Greueltaten.“

Der Anschlag in Husum ist der sechste Überfall, der seit März auf eine Kirche im Raum Hamburg registriert wurde. Einen Zusammenhang mit dem Anschlag auf die St.- Vicelin-Kirche in Lübeck wollte die Polizei nicht ausschließen. Zu der neuerlichen Brandstiftung sagte der evangelische Bischof für Schleswig, Hans Christian Knuth, es sei Aufgabe aller, sich „um die ethischen Grundlagen in unserer Gesellschaft zu kümmern“. bull