Das Spiel geht weiter

■ Kirch und Bertelsmann machen mal wieder ein Zusammengehen beim Digitalfernsehen ab. Ob diesmal unterschrieben wird, steht in den Sternen

Gottfried Zmeck ist immer noch ein Freund schneller Autorennen. Auf dem Kölner NRW- Medienforum malträtierte Leo Kirchs Digital-TV-Chef in der vergangenen Woche wie eh und je die Metaphern aus dem Sport der kopflosen Raser. Es war schließlich so ein schöner Tag, im letzten Juli auf dem Hockenheimring, als Zmeck die ewigen Rivalen vom Weltkonzern Bertelsmann als seine Digitalfernseh-Partner in spe vorführen konnte – und zwar als eine Art Juniorpartner.

Aus der Einigung wurde bekanntlich nichts, und es folgte ein Reigen zahlloser Digital-TV-Abmachungen der beiden Medienriesen, die sich immer ebenso verläßlich erledigten, wie sie erschienen waren. Einmal hatte Zmeck für Kirch in Hockenheim die Bertelsmänner blamiert, nun aber blamierte er sich dauerhaft für Kirch: Monat für Monat mußte er die Abonnentenzahlen des Kirchschen Digital-Alleingangs hochflunkern, Kirch mußte Milliardenverlusten ins Auge blicken. Daß der Mann fürs Durchstarten in Köln überhaupt Zeit hatte, seine Sottisen zu plazieren, zeigt: Er gibt längst im Leerlauf Gas. Die Verhandlungen mit Bertelsmann führt jetzt Manager Dieter Hahn. Nun soll dabei wieder mal eine Einigung herausgekommen sein. Kirch und Bertelsmann haben abgemacht, daß es nur noch eine Pay- TV-Plattform in Deutschland geben soll, und daß der bislang von Bertelsmann bestimmte Bezahlsender Premiere (wo Kirch bis jetzt nur 25-Prozent-Gesellschafter ist) Kirchs DF 1-Konkurrenz huckepack nimmt. Bei der Telekom hat man schon einmal signalisiert, daß man im Kabel nur noch Plätze für eine gemeinsame Plattform braucht (taz vom 11.6.).

Doch zahlreiche Details sind noch gar nicht vereinbart. Zudem ist man sich diesmal bei Bertelsmann nicht so sicher. Zahlreiche psychologische Minenfelder und wirtschaftliche Sollbruchstellen trennen die Konzerne. Bei Bertelsmann hatte man sich überlegt, auf Zeit zu spielen, bis Partner Kirch sein eigenes Desaster mürbe macht. Warum man in Gütersloh das jetzt wieder ändern will, scheint unklar. Jedenfalls spricht Bände, was Bertelsmann-TV-Vorstand Michael Dornemann dem Spiegel sagte: „Ob es in einer Woche oder in einem Jahr soweit ist – ich weiß es nicht.“

Das Magazin nannte auch Details der erreichten Vereinbarung: Kirch und Bertelsmann teilen sich Premiere zur Hälfte, dafür muß Kirch den französischen Partner Canal + herauskaufen. Der, so ist aus Paris zu hören, wäre dazu bereit, aber nur gegen satte Entlohnung. Kirch würde Film-, Bertelsmann Sportrechte einbringen.

An den Verhandlungen ist moderierend NRW- Chefmedienpolitiker Wolfgang Clement (SPD) beteiligt, und auch die Telekom ist involviert: Sie soll dem Spiegel zufolge Kirch bei den Decodern aus der Bredouille erlösen, indem sie die von Kirch benutzte Irdeto-Technik zum Standard macht. Der Kabelriese darf dann die Technik-Plattform beherrschen, Kirch seine für eine Milliarde in Finnland eingekauften Decoder den Premiere-Kunden andrehen. Würde das funktionieren, käme ein Kartell in anderer Form wieder, das vor drei Jahren an der EU-Wettbewerbsaufsicht gescheitert war. Diesmal befördern neben Clement noch andere einflußreiche Politiker ein Zusammengehen der TV-Giganten. Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) und Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) sollen Kirch zur Einigung gedrängt haben.

Für Berlins Medienkontrolleur Hans Hege käme „ein ordnungspolitischer Super-GAU“ dabei heraus. Hege erwartet in diesem Fall ein erneutes Einschreiten des Kartellamtes und der EU-Wettbewerbshüter: „Das ist eine Zusammenballung, wie es sie in keinem europäischen Land gibt.“ Auch die für die Senderlizenzierung zuständige Konzentrationskommission KEK, die sich demnächst mit Kirchs DF 1 beschäftigt, müsse ein Auge darauf werfen. Wenn Kirch und Bertelsmann beim Bezahl-TV zusammengehen, müßten sie möglicherweise auch in anderen Bereichen als Einheit betrachtet werden – schließlich regelten sie damit sämtliche Verwertungsstrategien ihrer Film- und Sportrechte. Lutz Meier