Erfolg für Guerilla

■ Geiselfreilassung in Kolumbien zwingt die Regierung Samper zu Konzessionen

Cartagena del Chaira (AFP/rtr) Nach über neun Monaten Geiselhaft haben Guerilleros der „Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens“ (Farc) am Sonntag 70 Soldaten freigelassen. Die Geiseln wurden in Cartagena del Chaira im Südosten des Landes von Rotkreuzvertretern in Empfang genommen. Sie waren dort zuvor in einem Hubschrauber mit Rot- kreuzabzeichen gelandet. Rund 200 schwerbewaffnete Guerilleros sicherten die Freilassungsaktion gegen Angriffe der Armee.

Kolumbiens Präsident Ernesto Samper bezeichnete die Freilassung im Fernsehen als großen Erfolg. Die friedliche Beilegung dieser Krise belege, daß der Frieden mit dem Willen aller Beteiligten möglich sei. Er hob hervor, daß er niemals daran gedacht habe, die Soldaten mit Gewalt zu befreien.

Die Regierung hatte sich nach monatelangen Verhandlungen Anfang Juni bereit erklärt, für die Übergabe ihre Truppen aus einem mehr als 13.000 Quadratkilometer großen Urwaldgebiet im südlichen Departamento Caqueto abzuziehen. Das Gebiet hat in etwa die Größe des Libanon. Die Vereinbarung sah außerdem vor, daß diejenigen Soldaten, die bei den Guerilleros bleiben wollten, vom Militärdienst befreit werden.

Der Kommandeur des Farc- Kommandos für Südkolumbien, Joaquim Gómez, rief bei der Übergabezeremonie dazu auf, weiter für Frieden und soziale Gerechtigkeit einzutreten. Farc-Chef Manuel Marulanda Vélez ließ in einer Stellungnahme mitteilen, er sei zu Verhandlungen mit der Regierung bereit, wenn Samper einige Forderungen seiner Rebellen erfülle. Dazu zählten demokratische Veränderungen im politischen System des Landes sowie der militärische Abzug aus weiteren Gebieten des Andenstaates.

Armeegeneral Manuel José Bonett wollte von alledem nichts wissen: Er kündigte an, den Kampf gegen die Guerilla fortzusetzen. Nach dem 23.Juni, wenn wieder Soldaten in der Region sind, werde nach den Verantwortlichen für die Entführung gesucht. Die Armee wertet die Freilassung als Niederlage. Damit ist sie sich mit den meisten Kommentatoren einig, die in der medienwirksam geplanten Übergabe vor allem eine Demonstration der Stärke der Guerilla ausmachten.