SPD: Dürftige Rio-Bilanz

■ Bundesregierung habe die beste Zeit für den ökologischen Umbau verschlafen

Bonn (taz/epd) – Einen „überzeugenden Gegenentwurf“ für zukunftsfähige Politik und nachhaltiges Wirtschaften fordert der stellvertretende SPD-Vorsitzende Johannes Rau. Ein solcher Entwurf sei notwendig als Antwort auf die Verfechter der autonomen Marktwirtschaft und der neoliberalen Globalisierungsidee, sagte Rau gestern in Bonn auf einer SPD-Veranstaltung zur Umwelt- und Entwicklungspolitik fünf Jahre nach dem Erdgipfel von Rio.

Trotz leerer Staatskassen gebe es noch die Spielräume für nachhaltige Entwicklung, erklärte Rau und forderte ein „Bündnis für Zukunft“ von Wirtschaft, Gesellschaft und Politik. Auf der UN- Sondergeneralversammlung „Fünf Jahre nach dem Rio-Gipfel“ kommende Woche in New York dürften die alten Ziele von Rio nicht verwässert werden. Die reichen Länder müßten Vorreiter sein. Rau förderte Ökosteuern und mehr Kreislaufwirtschaft, ja sogar eine Überprüfung umweltbelastender Subventionen. Vor einem Vierteljahr hatte Rau in seiner Rolle als nordrhein-westfälischer Ministerpräsident noch ganz vorn für eine Verlängerung der Kohlesubventionen gekämpft.

Der frühere Entwicklungsminister Erhard Eppler rügte Versäumnisse in der Umwelt- und Entwicklungspolitik der vergangenen zwanzig Jahre. Die beste Zeit für den ökologischen Umbau sei verschlafen worden, beklagte er. Die Industrieländer hätten es versäumt, ein Vorbild für ein zukunftsfähiges Wirtschaften zu entwickeln, an dem sich die Entwicklungsländer ausrichten könnten. Statt dessen fördere die Globalisierung der Märkte eine Politik, die Ökologie vornehmlich als Hemmnis ansehe.

Die Zusage von Bundeskanzler Helmut Kohl beim Erdgipfel 1992, den Anteil der öffentlichen Entwicklungshilfe am Bruttoinlandsprodukt auf 0,7 Prozent zu steigern, stichelte Eppler, war wohl nicht ernst gemeint. Zur Zeit zahlt der Bund lediglich noch knapp 0,3 Prozent. urb