Keine Vergangenheitsbewältigung beim BND

■ Kontakte zum Pullacher Geheimdienst konnten für DDR-Bürger tödlich enden

Berlin (taz) – Als im November 1989 aus den Schornsteinen des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR (MfS) dicke Rauchwolken stiegen, schritten die Bürgerrechtler zur Tat. Sie besetzten die Stasi-Zwingburgen, um die weitere Vernichtung von MfS-Unterlagen zu verhindern. Die Unterlagen des Bundenachrichtendienstes sichten zu wollen ist bis heute nicht viel erfolgversprechender.

Das zumindest meinten einige Besucher einer Tagung zur Geschichte des Widerstands in der DDR, die in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin stattfand. Eine Mitarbeiterin des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Pullach sprach zum Thema „Widerstand und Spionage“. In der anschließenden Diskussion wurde die Forderung laut, nun auch die Archive des BND für die 50er und 60er Jahre zu öffnen, um offene Fragen der DDR-Widerstandsgeschichte zu klären. Der Vortrag der BND-Mitarbeiterin, so meinten Kritiker, sei nichts anderes als ein von Zeit und Raum losgelöster Kriterienkatalog darüber, wann Geheimdienste Dissidenten anzuwerben versuchen. Teile des Publikums reagierten verärgert.

Daß mindestens acht DDR- Bürger zum Tode verurteilt und hingerichtet wurden, weil sie Kontakte zum BND hatten, blieb genauso unerwähnt wie die Frage der Einflußnahme des BND auf die „Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit“ oder den „Untersuchungsausschuß freiheitlicher Juristen“. Kurz: Es zeigte sich, daß der BND Öffentlichkeit noch immer aus der Perspektive des Abhörmikrofons wahrnehmen kann und nicht gewillt ist, sich seiner Geschichte zu stellen.

Die Tagung endete mit der Zusage von Prof. Dr. Henke, Leiter des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung Dresden, und von Dr. Tuchel, Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin, sich an den Deutschen Bundestag und an den Präsidenten des BND zu wenden und die Öffnung der BND-Archive für die Forschung einzufordern.

Dr. h. c. Karl Wilhelm Fricke, zu dessen Ehren die Tagung ausgerichtet worden war, versprach, sich als Verhandlungsführer für dieses Ziel einzusetzen.

Falco Werkentin