„Es gibt keine gesunde Bräune“

Ozonloch über Norddeutschland wächst, Hautkrebserkrankungen in Hamburg nehmen zu, Umwelt- und Gesundheitsbehörde bedauern  ■ Von Marco Carini

Ozonloch und Hautkrebs – das ist für Hamburgs Politiker kein Thema. Über Norddeutschland hätten sich bereits rund 20 Prozent der schützenden Ozonschicht in Luft aufgelöst, sagt der Chef des renommierten Dermatologischen Instituts in Buxtehude, Eckhard Breitbart. Trotzdem haben die zuständigen Hamburger Behörden die zunehmende Gefährdung der BürgerInnen nicht auf dem Zettel.

Zwar geht die Sprecherin der Gesundheitsbehörde, Tordis Batscheider, „nach allen vorliegenden Erkenntnissen“davon aus, daß die Zahl der Hautkrebsfälle in Hamburg Jahr für Jahr neue Rekordmarken erreicht. Mit konkreten Zahlen jedoch kann die Behörde nicht dienen. Hautkrebserkrankungen und daraus resultierende Todesfälle werden im Hamburger Krebsregister zur Zeit nicht erfaßt.

Seit der ehemalige Chefdermatologe der Eppendorfer Uniklinik, Eckhard Breitbart, vor zwei Jahren nach Buxtehude gewechselt ist, sei „der Datenfluß zusammengebrochen“, beklagt Batscheider. Die Uniklinik, in der die meisten Hautkrebsfälle behandelt werden, habe „einfach keine Zahlen mehr gemeldet“. Die Sprecherin bestätigt zudem, daß das Thema Ozon und Hautkrebs auch in Hamburgs Wissenschafts-Instituten ein blinder Fleck sei: „Das ist nicht so in den Köpfen drin, daß es für diesen Bereich Forschungsgelder gibt.“

Dabei schrumpft die Ozonschicht jedes Jahr um ein weiteres halbes Prozent, berichtet Eckhard Breitbart. Daß dessen Abnahme der Grund ist für die gestiegene Hautkrebsrate, ist für den Dermatologen „wissenschaftlich unstrittig“. In den vergangenen 30 Jahren habe sich die Zahl der Menschen, die an den lebensgefährlichen Melanomen erkranken, in Nord- und Mitteleuropa verzehnfacht, schlägt der Hautarzt Alarm. Nach Auskunft seines Buxtehuder Institutes erkranken bundesweit mittlerweile 100.000 Menschen pro Jahr an Hautkrebs; 3000 sterben daran jährlich.

Trotzdem wird die Hamburger Umweltbehörde nicht aktiv. Während Umweltsenator Fritz Vahrenholt (SPD) versucht, den weltweiten Klimaveränderungen im Rahmen der „Agenda 21“punktuell auch in Hamburg entgegenzuwirken, sucht man entsprechende Aktivitäten beim Ozonloch vergebens. „Da gibt es keine speziellen Initiativen von unserer Seite“, räumt Umweltbehörden-Sprecherin Jutta Hartung ein.

Beispiel Flugverkehr: Obwohl seit Jahren bewiesen ist, daß die in die Atmosphäre eingebrachten Kerosin-Abgase zu den schlimmsten Ozon-Killern gehören, setzt die Hansestadt ungebremst auf den Ausbau des „Standortfaktors“Flughafen Fuhlsbüttel. Von Vahrenholt vernahm man bislang kein einziges warnendes Wort zu diesem Thema.

Gefahrenabwehr ist so nur individuell möglich: durch Sunblocker, schützende Kleidung und den frühzeitigen Besuch beim Hautarzt, wenn Hautpigmente zu wuchern beginnen. Eckhard Breitbart: „Es gibt keine gesunde Bräune.“Da die Haut den schützenden Pigmentfilm erst ausbilde, wenn sie „in akuter Gefahr sei“, müsse das gesamte Schönheitsideal eben gekippt werden.