Grüner Flirt mit einer RWE-Tochter

■ In Mülheim streiten sich die Bündnisgrünen über einen Energiedeal der Stadt mit dem Gasunternehmen Rhenag

Mülheim (taz) – Die Bündnisgrünen in der schwarz-grün regierten Revierstadt Mülheim wollen die Energieversorgung in der Stadt künftig zusammen mit dem RWE- Tochterunternehmen Rhenag (RWE-Anteil: 54,1 Prozent) gestalten. Als erstes Standbein der künftigen Stadtwerke soll die Stadt zusammen mit der Rhenag AG, die in Mülheim das Gasnetz betreibt, eine Gas-Wärme-Gesellschaft (GWS) gründen. Während der Gasversorger dem Gemeinschaftsunternehmen sein Gasnetz überträgt und dafür 49 Prozent der Geschäftsanteile erhält, bringt die Stadt (51 Prozent) ihre Fernwärme AG und ihr kommunales Wohnungsunternehmen ein.

Seit Monaten wird über diesen Deal in Mülheim heftig gestritten – vor allem bei den Grünen. Am Montag abend segnete die Mitgliederversammlung das Vorhaben dem Grundsatz nach mit klarer Mehrheit ab. Endgültig zustimmen will sie aber nur, wenn die zahlreichen Änderungsanträge, die die grüne Ratsfraktion am Donnerstag im Rat zur Abstimmung stellen will, in dem Vertragswerk noch berücksichtigt werden. Dabei soll zum Beispiel die neue Gesellschaft verpflichtet werden, zwei bis fünf Prozent des Gewinns jährlich für Maßnahmen zur Verringerung des Wärmebedarfs beim Kunden einzusetzen. Per Gesellschaftsvertrag soll als Unternehmensziel die „möglichst ressourcenschonende, klimaverträgliche, risokoarme und volkswirtschaftlich preiswürdige Bereitstellung von Energiedienstleistungen“ festgelegt werden.

Ob die Rhenag sich auf diese Nachbesserungen einläßt, ist noch offen. Viele der grünen Kritiker würden aber selbst dann nicht verstummen, weil ihnen die ganze Richtung nicht paßt. „Wir können doch in Mülheim nicht mit dem Atomkonzern RWE gemeinsam ins Bett gehen“, kritsiert das grüne Gründungsmitglied Lothar Reinhard die Mehrheitsentscheidung, zumal der Landesverband der Partei im kommenden Jahr eine Anti- RWE-Kampagne plane. Noch vor wenigen Wochen hatte sich die grüne Mitgliederbasis knapp gegen die Kooperation mit Rhenag entschieden. Doch die Fraktion setzte sich über dieses Votum hinweg. Sechs der neun Ratsmitglieder stimmten Anfang März zusammen mit der CDU einem „Vorvertrag“ über das Gemeinschaftsunternehmen zu, der allerdings unter dem Vorbehalt einer Gesamteinigung steht.

Daß am Montag auch die Parteibasis diesem Kurs folgte, hängt unmittelbar mit den beschlossenen Nachbesserungen zusammen. Man könne, so der Volkswirt und Grünen-Berater Nikolaus Richter vom Wuppertaler Klimainstitut, das Ding „immer noch scheitern lassen, wenn sich Rhenag nicht weit genug bewegt“. Die Verhandlungen „waren und sind sinnvoll“, glaubt Richter, denn bei einer ökologisch ausgerichteten Vertragsgestaltung biete gerade die Kooperation mit der RWE-Tochter auch „große Chancen“. Walter Jakobs