Grüne für Reform des Beamtenrechts

■ Bündnisgrüne wollen Beamte nur noch in Kernaufgaben. Automatische Gehaltsteigerungen sollen abgeschafft werden

Bonn (taz) – Es ist eine Abkehr auf leisen Sohlen. Die Bündnisgrünen, einst vehemente Verfechter für die Abschaffung des Berufsbeamtentums, wollen nun den Apparat der Staatsdiener mit einer kräftigen Reform zu Leibe rücken. Lehrer und Universitätsprofessoren – mit Ausnahme von Leitungsfunktionen – sollen künftig nur noch ins Angestelltenverhältnis übernommen werden.

Das „alte patriarchale, vordemokratische System“ müsse modernisiert werden, erklärte Antje Vollmer, bündnisgrüne Vizepräsidentin des Bundestages, bei der gestrigen Präsentation eines neunseitigen Eckpunktepapiers ihrer Partei in Bonn. Dazu soll der Artikel 33 des Grundgesetzes entsprechend geändert werden.

Beamte sollen nach den Vorstellungen der Bündnisgrünen nur noch in folgenden Kernbereichen eingesetzt werden: Justiz, Polizei, Militär, Finanzverwaltung, Diplomatie und in bestimmten staatlichen Leitungsbereichen. Alles andere, so Vollmer, könne in Zukunft „entbeamtet“ werden, vor allem die technische Verwaltung. Die Reform des Beamtentums halten die Bündnisgrünen insbesondere wegen der steigenden finanziellen Belastungen für dringend geboten: Allein 45 Prozent des Steueraufkommens würden die Personalkosten der Beamtenschaft verschlingen.

Kernstück des grünen Konzepts: Der bisherige Grundsatz, wonach Beamte mit zunehmendem Dienstalter automatisch höher besoldet werden, soll gänzlich abgeschafft werden. „Wir sind für eine konsequent funktions- und leistungsgerechte Besoldung“, so Vollmer, die maßgeblich das Papier erstellt hat. Ebenso wegfallen oder mit dem Grundgehalt verrechnet werden soll der bunte Strauß an Zulagen – etwa für Ministerialbeamte oder das Urlaubsgeld. Zu den Nutznießern der grünen Reform zählen hingegen Berufsneulinge und Familien – unabhängig davon, ob die Paare verheiratet sind oder nicht. Nicht der Status solle begünstigt werden, so Vollmer, sondern die Betreuung von Kindern oder von Pflegebedürftigen. Erleichtert wird auch der Zugang für Bürger aus EU- Staaten oder aus Drittländern ebenso wie für Quereinsteiger.

Im Visier der Grünen sind vor allem die Pensionen – im Jahr 2023 werden allein 1,3 Millionen Beamte im Ruhestand sein. Künftig müßten Beamte eigene Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, von der sie bislang ausgenommen sind, entrichten. Das Geld soll – analog zu den Vorstellungen des grünen Rentenkonzepts – in einem Kapitalstock angespart werden. Weil die Grünen den Beamten mehr Möglichkeiten zur Teilzeitarbeit ermöglichen wollen, sollen die unsteten Lebensläufe bei der Rentenberechnung entsprechend berücksichtigt werden. Zugrundegelegt wird dabei die Summe der „besten 35 Dienstjahre“ und nicht mehr automatisch das zuletzt ausgezahlte Gehalt.

Eine Ausnahme gilt allerdings für die unteren Besoldungsgruppen, etwa bei der Polizei: Deren Ruhegeld wird bis zu einer Höhe von 75 Prozent der zuletzt gezahlten Besoldung aufgestockt. Beseitigt wird hingegen die 13. Monatspension. Diese bisherige Regelung, so Vollmer, bevorteile die Beamten gegenüber dem Rest der Rentenversicherer. Severin Weiland