FU-Bibliothek vor dem Aus

■ Hauptbibliothek soll auf reine Verwaltungsaufgaben reduziert werden. Kein Neuankauf mehr von Büchern. Beschäftigte und Studenten protestieren

Unter dem Druck der massiven Haushaltskürzungen soll die Freie Universität ihr Bibliothekssystem umstrukturieren. Das im Auftrag von FU-Präsident Johann Gerlach erarbeitete Konzept zur Neustrukturierung stößt zwar auf Zustimmung im Akademischen Senat, aber die Bibliotheksdirektion leistet Widerstand.

Geht es nach den Vorschlägen der vom Präsidialamt eingesetzen Kommission für Bibliothekswesen (BIK), sollen vor allem die Aufgaben der zentralen Universitätsbibliothek zugunsten der rund 100 Fachbereichsbibliotheken stark reduziert werden. Konkret: Die Hauptbibliothek der Freien Universität, in der sich ein Viertel des gesamten Buchbestandes der FU befindet, darf ab 1998 keine neuen Bücher mehr kaufen und wäre nur noch für Fernleihe und Führung der Gesamtkataloge zuständig. Zeitgleich sollen die Bibliotheken der Fachbereiche zu fünf großen Zentren zusammengeführt werden. Die BIK erhofft sich davon eine Senkung der Personalkosten um rund zehn Millionen Mark, was einem Stellenabbau von 130 Vollzeit- und 150 studentischen Stellen entspräche.

Doris Fouquet-Plümacher, Leiterin der Benutzungsabteilung, hält dagegen, daß sich die Universitätsbibliothek damit „rasch in eine Archivbibliothek mit rund zwei Millionen Bänden Altbestand verwandeln“ würde. „Wenn eine Bibliothek nichts mehr kauft, ist sie erledigt.“ Eine interdisziplinäre Forschung sei aufgrund der Zersplitterung der Ausleihliteratur „nicht mehr in vollem Maße möglich“. Die Auswirkungen auf die Geistes-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften wären katastrophal. Denn bereits heute würden 60 Prozent aller Ausleihen in der FU-Hauptbibliothek abgewickelt. Die Kritiker bemängeln außerdem, daß die FU-Studenten nicht informiert worden seien, obwohl 85 Prozent von ihnen die Bibliothek nutzen.

1996 wurden rund 40.000 Benutzer, die mehr als eine Million Bücher entliehen, in der Bibliothek registriert. Wer in Zukunft diese Nachfrage decken soll, geht nicht aus dem Konzept hervor. Denn mit der Verlagerung auf die kleinen Bibliotheken soll auch der größte Teil an bestehenden Ausleihbibliotheken durch Personaleinsparungen in Präsenzbibliotheken umgewandelt werden. Daß die „Flexibilität der Studenten“ dadurch „erheblich eingeschränkt“ würde, weiß Bibliotheksdirektor Ulrich Naumann. „Ich glaube nicht, daß die Studenten damit leben könnten.“

Um auf die geplanten Umstrukturierungen aufmerksam zu machen, hat die Universitätsbibliothek eine Umfrage unter ihren Benutzern gestartet. Binnen weniger Tage haben sich rund 6.500 Nutzer für die Beibehaltung ausgesprochen. Die Umfrage hat das Mißfallen von Präsident Gerlach hervorgerufen. Er wirft den Beschäftigten und der Bibliotheksdirektion „Diskreditierung der notwendig neuen Planung“ vor. Die Bibliotheksleitung hat nach Worten Gerlachs mit einem „suggestiven Fragebogen eine unseriöse Umfrage inszeniert“. Karen König