Klappern ist das Handwerk

■ Die Performer von „Stomp“ sehen aus wie Kfz-Mechaniker, sind aber Klang- oder Stampfkünstler sondergleichen

Rascheln Sie mal mit Ihrer Zeitung! So mit beiden Händen halten und dann glatt schlagen. Hören Sie es? Nur Zeitungspapier und Wind, aber doch ein eigenes, unverkennbares Geräusch. Solche zufälligen Geräusche begleiten einen gewöhnlich durch den ganzen Tag. Ob jemand in der U-Bahn hustet oder ein anderer mit dem Finger auf seinem Bein trommelt. Ständig ist man von solchen Alltagsgeräuschen umgeben, so daß man sie kaum noch bemerkt. Wie daraus allerdings eine Rhythmus-Symphonie komponiert werden kann, das demonstriert derzeit die „Stomp“-Performance im Theater des Westens. Und die Nummer mit der Zeitung ist nur eine Variante.

Die acht Performer in ausgebleichten Jeans und übergroßen Trägershirts sehen aus wie eine Truppe Kfz-Mechaniker, die sich auf die Theaterbühne verirrt haben und nun mit den herumliegenden Gerätschaften Krach schlagen. Aber die minutiöse Choreographie und die phantasievollen, sketchartigen Szenenfolgen lassen keinen Zweifel daran, daß Klappern ihr eigentliches Handwerk ist.

Die Musical-Künstler beschränken sich nicht nur auf Baumarkt- Werkzeuge wie Sägen, die sie zum Singen bringen, oder Schläuche, die pfeifen. Kein Utensil ist ihnen zu profan, als daß es sich nicht zum Percussionsinstrument eignen würde. Selbst ein Saugnapf wird zum ploppenden Klangspender. Ob Streichholzschachteln oder Spülborde, Besen und Wischeimer, Handfeger und Kehrschaufeln – was die acht anfassen, wird zu Rhythmus. Und wenn die Hände nicht reichen, setzen sie den ganzen Körper ein: Mal schleifen sie mit ihren Füßen im Takt über den Boden, dann hüpfen sie in Holzkisten polternd über die Bühne oder tauchen auf einmal mit riesigen Blechtrommeln an den Füßen auf. Dazwischen knistern sie rhythmisch mit zerknüllten Plastiktüten oder schnippen im steten Wechsel ihre Feuerzeuge an, was nicht nur gut klingt, sondern im Dunkeln auch nett aussieht. Das Ende klingt in guter Afro-Bloco-Manier mit mitreißenden Trommeln auf der Zinktonnenbatterie aus.

„Stomp“, englisch für „stapfen“, könnte genausogut „Klatsch“ oder „Schepper“ heißen. Doch „Stomp“ ist mittlerweile ein weltweit eingeführter Begriff. Das Musical ohne Gesang, vor sechs Jahren beim Edinburgh Festival präsentiert, entwickelte sich in der Folgezeit zu einem Dauerbrenner mit Gastspielen in Rio, Sydney, Tokio und New York sowie mehreren Award-Nominierungen. Ein „Theater für die Sinne“ wollten die Initiatoren des Projekts, die beiden Briten Luke Cresswell und Steve McNicholas schaffen, und tatsächlich: Das Geräusch einer raschelnden Zeitung oder eines scheppernden Eimers ist danach nie wieder dasselbe. Daniel Bax

Bis 6.7., Theater des Westens