Zwischen Mythos und Moral

Der Schutz der Elefanten dominiert die Artenschutzkonferenz. Scharfer Streit um Wiederaufnahme des Elfenbeinhandels  ■ Aus Johannesburg Kordula Doerfler

Die Teilnehmer sollten „ihre Emotionen im Zaum halten und einen konstruktiven Dialog anstreben“, flehte Izgrev Topkov, Generalsekretär des Washingtoner Artenschutzabkommens (Cites). Doch die Delegationen aus 138 Mitgliedstaaten tun das Gegenteil. Bis zum Freitag werden sie weiter über das Thema streiten, das die gesamte 10. Cites-Konferenz in Harare dominierte: den Elefanten und seine Zähne. Dabei standen mehr als 100 weitere Themen auf der Tagesordnung.

Es ist kein Zufall, daß sich die Emotionen ausgerechnet am Sinnbild Afrikas entzünden. Fragen, wie bedrohte Arten weltweit vor dem Aussterben zu schützen sind, mischen sich hier mit Mythos und Moral. Afrikas Erzähltradition ist voller Legenden über den Elefanten, und seine mattweißen Zähne sind seit Jahrhunderten Objekt der Begierde. Unvergessen sind die Bilder von grausam abgeschlachteten und zerstückelten Elefanten in vielen afrikanischen Ländern während der 80er Jahre. In nur wenigen Jahren wurde der Bestand von zirka 1,2 Millionen um mehr als die Hälfte dezimiert.

Als Folge des Gemetzels verhängte die Artenschutzkonferenz 1989 ein vollkommenes Verbot des Handels mit Elfenbein. Die Herden haben sich seither bei etwa 600.000 stabilisiert. Der Schmuggel mit dem „weißen Gold“ ging zwar zurück, vollkommen eindämmen ließ er sich nicht. An der Spitze steht Japan, wo aus kleinen Elfenbeinblöcken Namensstempel hergestellt werden. So war es kein Zufall, daß die Japaner den Antrag von drei Ländern aus dem südlichen Afrika unterstützten: Botswana, Namibia und das Gastgeberland Simbabwe stellten zur Abstimmung, den Elefanten von AnhangI auf AnhangII herunterzustufen und den kontrollierten Verkauf von Elfenbein ausschließlich an Japan zu gestatten. In der ersten Abstimmung im zuständigen Ausschuß unterlagen sie am Dienstag abend knapp. Von 123 anwesenden Mitgliedstaaten stimmten 75 für sie, 41 dagegen. Nur drei Stimmen fehlten für die erforderliche Zweidrittelmehrheit. Keineswegs geschlagen, wollen sie das Thema erneut abstimmen lassen.

Die Argumente, die die drei Länder zur Begründung vorgetragen haben, sind nicht einfach abzutun. In den vergangenen Jahren haben sie ihre Elefantenpopulationen so stabilisiert, daß es mit insgesamt rund 150.000 mehr davon gibt, als sie verkraften können. Wegen des Handelsverbots mit Elfenbein liegen in den drei Ländern tonnenweise Stoßzähne herum. Dieser Schatz, so meinen die Antragsteller, könnte besser genutzt werden, indem die Erlöse aus dem kontrollierten Verkauf dem Natur- und Umweltschutz im eigenen Land zugute kommen.

Tierschützer, allen voran die mächtigen Organisationen World Wide Fund for Nature (WWF) und die International Fund for Animal Welfare (IFAW), halten das für Augenwischerei. „Jeder legale Handel wird sofort illegalen nach sich ziehen“, befürchtet „Elefantenpapst“ Iain Douglas-Hamilton, Vorsitzender der kenianischen NGO „Rettet die Elefanten“.

Gerade eine Liberalisierung werde den Reiz des Wilderns verringern, wird aus dem Süden gekontert. Man hält den reichen Ländern des Nordens ökologischen Imperialismus als unmittelbare Folge des Kolonialismus vor.

Nur bei oberflächlicher Betrachtung ist der Streit um die Elefanten ein reiner Nord-Süd-Konflikt. Auch die afrikanischen Länder sind sich längst nicht einig. Kenia zum Beispiel, wo die Wilderer besonders gewütet hatten, ist ein strikter Gegner einer Lockerung, daneben auch Kamerun und die Zentralafrikanische Republik. Nigeria hingegen und alle Länder des südlichen Afrikas schlugen sich auf die Seite der Antragsteller.