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■ „Homosexualität und Polizei“: In einem deutschen Polizeipräsidium werden erstmals 100 Jahre Strafverfolgung und die beginnende Partnerschaft gezeigt

Besucher der „Polizeihistorischen Sammlung beim Polizeipräsidenten in Berlin“ werden normalerweise von einem BMW- Kraftrad der Volkspolizei empfangen. Dieser Tage allerdings stoßen ordnungsmachtgeschichtlich Interessierte im Foyer auf eine kleine Sonderausstellung: „Homosexualität und Polizei“. Ein Faltblatt informiert: „Die Geschichte der männlichen Homosexualität ist durch das Verbot der Homosexualität nach §175 von der Geschichte der Polizei nicht zu trennen.“

„Ich dachte mir, probieren wir doch einfach mal, ob wir nicht zeitgleich zur Ausstellung in der Akademie der Künste in die Bastion Polizeipräsidium hineinkommen“, erklärt Ausstellungsinitiator Jens Dobler. Kein Problem: Jörg Riechers, der „Ansprechpartner für gleichgeschlechtliche Lebensweisen“, war sofort zur Zusammenarbeit bereit. Als Dobler die Ausstellung installierte, stieß er bei den Bediensteten des Präsidiums auf wohlwollende Neugier: „Alle kamen mal vorbei und wollten gucken, wie das nun ist mit dieser Schwulenausstellung.“ Und auch die Leiterin der Polizeihistorischen Sammlung, Bärbel Schönefeld, war angetan: „Besonders interessant ist, wie lange es schon eine Zusammenarbeit von Polizei und Homosexuellen gibt – unterbrochen von der Nazizeit allerdings.“

Als graue Eminenz der „Homo- Beauftragten“ präsentiert die Ausstellung einen Leiter des Erkennungsdienstes, Leopold von Meerscheidt-Hüllessem, der Polizeidienst tat, als Magnus Hirschfeld sein Wissenschaftlich-humanitäres Komitee gründete. Meerscheidt- Hüllessem war zwar gefürchtet wegen seiner „Päderastenliste“, in der er zahlreiche Homosexuelle verzeichnet hatte, erwies sich aber als aufgeschlossen, als Hirschfeld um Hilfe gegen die Erpressung bat, von der zu Kaisers Zeiten fast alle Homosexuellen betroffen waren.

„Homosexualität und Polizei“ gestattet einen detailreichen Überblick über mehr als 100 Jahre Strafverfolgung und erste Ansätze von „Partnerschaft“, die freilich mindestens bis zur Abschaffung des Paragraphen 175 im Jahr 1994 von berechtigtem Mißtrauen der Schwulen beeinträchtigt wurde. Als 1990 der erste Homo-Beauftragte der Berliner Polizei, Heinz Uth, seine Arbeit aufnahm, sprachen ihm die Vertreter der Interessenverbände das Vertrauen in erster Linie deswegen aus, weil er eine Überfallserie auf Schwule im Preußenpark aufgeklärt hatte — die Kooperation mit der „Sitte“ wurde zurückgewiesen. Seit 1992 gibt es eine feste Stelle für den „Ansprechpartner“. In der Polizeischule steht inzwischen das Thema „Homosexualität“ auf dem Lehrplan. Während ihrer Ausbildung besuchen die angehenden BeamtInnen auch die Polizeihistorische Sammlung. Dort können sie nun lesen, was das „Practische Lehrbuch der Criminal-Polizei“ von 1860 Berufsanfängern empfahl: Falls nicht ein öffentliches Ärgernis entstehe, „thut der Polizeibeamte wohl daran, in diese schmutzigen, dunklen Verhältnisse nicht zu tief einzudringen“. Holger Wicht

Sonderausstellung „Homosexualität und Polizei“: Bis 15.8., Polizeipräsidium, Platz der Luftbrücke 6.