■ Rosi Rolands Bremer Geschichten: Pflugradt nachts zurückgetreten
In der Nacht zum vergangenen Dienstag hat die Telekom an der CDU gut verdient. Bis 1 Uhr hatte die Parteibasis par excellence im Oberneulander Krug gesessen. Dachte Finanzsenator Nölle anfangs, so viele seien wegen ihm gekommen und wegen seines „Halbzeitberichtes“, so mußte er sich am Ende doch eines Besseren belehren lassen. Richtig lebendig wurde es, als der frühere Fraktionsvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Günter Klein aussprach, was viele im Saal – und an der CDU-Basis – dachten: Helmut Pflugradt als Baustaatsrat – unmöglich. Der einzige, der für Pflugradt zu argumentieren versuchte, war der treue Fraktionsvorsitzende Ronald-Mike Neumeyer. Aber es nutzte nichts. Der Sturm war so heftig, daß die Versammlung abgebrochen wurde und der kleine Kreis der CDU-Spitze trotz der späten Stunde richtig ins Schwitzen kam. Ein Erlebnis mit richtigen Menschen, und der CDU-Spitze war klar: Das Volk will Pflugradt nicht.
Pflugradt sollte später behaupten, Nölle habe ihn „verhindert“. Nölles Personalbehörde (SKP) hatte immerhin tagelang Probleme über Probleme aufgelistet, die nur eines zeigten: hier wird auf Zeit gespielt. Erst am Dienstag früh kam aus der SKP das O.K., daß keine disziplinarischen Vorermittlungen eingeleitet werden müßten, wenn Pflugradt seine Immunität als Abgeordneter aufgäbe und wieder ins Beamtenverhältnis zurücktreten wolle. Da war aber längst per Telefon die Konsequenz aus dem langen Abend im Oberneulander Krug gezogen. Bernd Neumann, der Landesvorsitzende, mußte Pflugradt dann aus Bonn das Ergebnis telefonisch mitteilen: In der Senatssitzung würde kein Antrag gestellt, ihn zum Staatsrat zu machen. Pflugradt setzte sich daraufhin an den Computer und formulierte die Erklärung, er stehe nach einer „Kampagne, die zum Teil ins persönliche geht“, nicht mehr zur Verfügung.
Seit diesem Moment gibt es in der CDU nur noch Freunde Pflugradts. Bausenator Bernt Schulte bedauert es zutiefst, daß Pflugradt nun nicht mehr wolle. Die „Presse“ist wieder mal Schuld. Und daß Günter Klein am Donnerstag abend überhaupt sich traute, bei der Sitzung des Landesausschusses, einem kleinen Funktionärsparteitag, aufzutauchen und auch noch zu reden, trug ihm eiserne Ablehnung ein. Zischte ihm ein Bürgerschaftsabgeordneter bei der Sitzung des Landesausschusses zu: „Du Arschloch.“
Wieder mal wird der Bote für den Übeltäter gehalten, wundert sich Rosi Roland
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