BEB entdeckt König Kunde

■ Viele Jahre lang zählte beim Müll vor allem die Ökologie / Jetzt werden Kundenwünsche entsorgt

Viele, viele bunte Mülltonnen und Säcke haben die Bremer vor ihrer Haustür stehen – so richtig glücklich ist kaum einer damit. Das ist eine „kaum noch überschaubar Palette von Leistungen, die da von unseren Kunden zwangsweise erfüllt werden müssen“, gesteht denn auch der Chef der Abfallwirtschaft, Richard Kluve, und verspricht Besserung der BEB: Von der Ökologie, der man zuletzt sehr viel Aufmerksamkeit schenkte, werde man sich in den nächsten Jahren nun verstärkt der Entsorgung von Kundenproblemen zuwenden.

„Abfall 2001 – Kundendialog“heißt schick das neue Konzept, das gestern von der BEB vorgestellt wurde: Die knarrenden Systeme der Entsorgung sollen durch Kunden-Kommunikation geölt werden. 20 Bremer Abfallexperten mit viel überschüssiger Wochenendzeit sollen daran ab Herbst in einem Gremium teilnehmen dürfen, das das Entsorgungssystem nochmals unter die Lupe nimmt – aus Kundenperspektive, umsonst und freiwillig.

Und weil, so Richard Kluve, in Abfalldingen hier jeder ein Fachmann sei, kann sich ab kommendem Montag jeder Bremer bei den BEB unter Tel. 361 9147 für diesen künftigen Sachverständigenrat „Müll“zur Verfügung stellen.

Reibungslos nämlich flutschen die plietschen Entsorgungssysteme der BEB noch nicht. Weder vor der Haustür, noch auf den Sammelplätzen. Plaste im Restmüll-Container, Restmüll im Textilcontainer, alte Unterhosen in der Biotonne und das Stuhlbein im gelben Sack – die Mülltrennung läßt zu wünschen übrig, von wilden Müllablagerungen und totgemanschten Ratten ganz zu schweigen. Das zu beseitigen, kostet die BEB summa summarum 4,5 Mio Mark für Reinigung und Sonderentsorgung.

Und dann der Kundenservice! Bis zu zehn Kundenberater hängen bei der BEB gleichzeitig am Telefon, um wöchentlich 4.000 Wünsche, Fragen, Anregungen und Pöbeleien in Empfang zu nehmen: Wenn der gelbe Sack weg ist, wenn die Biotonne sommerlich duftet, wenn man nicht weiß, wohin die überfahrene Katze denn eigentlich hingehört.

Das soll jetzt also kanalisiert werden. Bevor aber im September die konstituierende Sitzung des Müllrates tagt, gibt es noch einiges zu tun. Soll doch das zwanzigköpfige Gremium, das sich dann im Bremer Parkhotel sieben Wochenenden um die Ohren schlägt, nicht nur einen repräsentativen Durchschnitt für 280.000 müllende Haushalte bilden, sondern auch schon kräftig Material zum diskutieren haben.

Am fünften Juli will sich die BEB deshalb erstmal mit 35 TelefonistInnen an die Nummer 361 3611 hängen und zwischen neun und zwölf Uhr auf den Bremer Brainstorm in Sachen Abfallentsorgung warten.

Abschaffen wolle man damit, so beruhigt Reinhard Holtin von der Abteilung Kommunikation, die ökologischen Errungenschaften der BEB natürlich nicht. Und bei aller Offenheit fürs künftige Parlament: Die Gebühren werde man nicht antasten – und zur vielgeliebten Kleinsttonne zurückkehren, werde man wohl auch nicht. ritz