Enten gegen Humorlosigkeit

■ Die Hamburger Künstler Mariella Mosler, Stephen Craig und Wolfgang Strack auf der diesjährigen „documenta X“in Kassel

Das Geheimnis ist gelüftet: Seit Samstag läuft die documenta X. Sortierender Rückblick und zukunftweisende Visionen werden von der 100-Tage-Schau in Kassel erwartet, ganz im Sinne des von der Leiterin Catherine David geprägten Wortes „Retroperspektive“. Doch die hochmütig-intellektuelle Chefin bietet ein sprödes, sich nur langwierig erschließendes Programm. Diese documenta ist keine Kunstschau mehr, sondern eine umfassende Kulturveranstaltung mit Theater, Vorträgen und Film. Sie stellt Fragen und gibt so wenig Antworten wie die französische Macherin, die auf der Pressekonferenz am letzten Donnerstag von mehr als zweitausend Journalisten für ihre humorlose Herablassung ausgebuht wurde. Ist die Flut von Großausstellungen an sich schon fragwürdig geworden, die „Manifestation Culturelle“(David) erhebt einen umfassenden Anspruch, der doch nur in einzelnen Aspekten rezipierbar ist. Und so sind durchaus manche Arbeiten zu entdecken oder wieder zu entdecken.

Auf dem Parcours durch die sechs Ausstellungsorte trifft man auch auf Hamburgisches. Die Hamburger Künstlerin Mariella Mosler hat im obersten Teil des Zwehren-Turms im Fridericianeum, einen Raum mit einem ihrer aus Sand gestreuten Bodenreliefs in einen Ort der Stille verwandelt. Auch Stephen Craig, in Hamburg lebender Nordirländer, nimmt an der dX teil. Im Kulturbahnhof, einem zum Ausstellungsraum umgebauten Teil des alten Hauptbahnhofs, zeigt er seine Architekturmodelle und Videos. Sein Pavillonentwurf bezieht sich auf die Kasseler Treppenstraße, die älteste deutsche Fußgängerzone überhaupt, die Teil des documenta-Parcours ist.

Dort hat sich auch Wolfgang Strack eingeschmuggelt. Durch kluges Besetzen eines Schaufensters hat sich der „metageniale“Hamburger Künstler selbst zum Teil der Ausstellung gemacht. Hier im Kunsthaus das ganze Jahr mit seinen Schlumpf-Paraphrasen zur Kunst zu sehen, ist es in Kassel ein Donald-Duck-Comic an einem Bauzaun in einem Spielzeugladen. Diese „BauKunstStelle zum X-ten Mal“betitelte Arbeit reflektiert das Interesse an Kunst mit dem auf der dX so vermißten Humor.

Hajo Schiff