Herr Hefele in Wimbledon
: Bitte, Boris, hilf!

■ Wimbledon '97 könnte mit etwas Pech zum Gä-hä-hnen langweilig werden

Wenn alles seinen vorhersehbaren Gang geht, kann sich der Tennisfreund auf was gefaßt machen. Heute geht es los, prima? Mit ein bißchen Pech geht Wimbledon '97 als langweiligstes Turnier in die Geschichte ein. Gähnende Langeweile auf dem Court; eine Berichterstattung in Mattgrün und Mausbraun sozusagen – wie der heilige Rasen nach zweiwöchigem Betappern durch die Füße der Weltelite.

Wenn sie denn nur anwesend wäre.

Herr Hefele: Gewinnen tut natürlich die Hingische

Agassi weg, Muster weg, Graf weg, sogar die farblose Anke Huber macht sich mit einer Verletzung wichtig. Courier und Sampras tun so grade noch mit; Favorit ist wohl trotzdem der Holländer Krajicek, weil Pete keine rechte Lust mehr zu haben scheint. Nein – der French- Open-Gewinner kommt nicht in Frage – dieser... Dings... na! Sie wissen schon, der so heißt wie unser ZDF-Sportstudio- Altmoderator mit der mausgrauen Dauerwelle. Der Freundliche, der nie was mitkriegt. „Kürten“ – ja genau. Also, der nicht. Nicht auf Rasen. Eventuell Ivanisevic, wenn er es endlich schafft, jeglichen Ballwechsel zu vermeiden.

Ballwechsel sind bekanntlich von Übel, weil sie die Möglichkeit, Fehler zu machen, in sich bergen! Merke: Meide den Ballwechsel, wenn immer es geht. Konzentriere dich ausschließlich auf deinen Aufschlag und prügle das gelbe Ding gnadenlos übers Netz. Im Idealfall sollte dein Gegenüber den Ball gar nicht zu Gesicht bekommen: „Wuuuusch! – Da war doch was“.

Die Damen haben den Aufschlagdreh noch nicht hundertprozentig raus. Da wird unverhältnismäßig lange nach dem Ball gestochert – Returns, longline, cross, Volleys und solche Albernheiten. Was die sich so denken – man hat seine Zeit schließlich nicht gestohlen. Dafür dürfen sie bloß drei Sätze spielen.

Gewinnen tut natürlich die Hingische, wenn ihr nicht wieder wer über den Weg läuft, die ihren besten Tag aller Zeiten hat. Hört sich alles nicht sehr aufregend an, wenn alles seinen Gang geht.

Überhaupt: Der gesamte Tenniszirkus befindet sich an einem Punkt, wo es nicht recht weitergehen will. Irgendwie ist der Dampf raus, keinerlei Leidenschaft spürbar. Die deutsche Abteilung scheint ohnehin komplett den Laden dichtzumachen. Graf und Stich geben mehr oder weniger definitiv via Zipperlein um die Rente ein, und was aus den Jungen – Haas, Kiefer, Elsner – wird, weiß der Himmel. Bleibt nur noch Bobbele, in seinem Wohnzimmer immer zu Kapriolen fähig.

Wenn er die erste Runde übersteht und nicht allzu viele Fünf- Satz-Matches zu bestreiten hat, könnte er es noch mal reißen. Eben weil keine wild entschlossene Konkurrenz im Wege steht und die nachrückende Jugend noch nicht den richtigen Mumm aufbringt. Das wäre von der sportlichen Dramaturgie her die Rettung für Wimbledon '97 und außerdem eine schön zu beobachtende Entwicklung. In einem Dutzend Jahren vom Becker-hechtenden Kupferdächle zum bärtigen Familienvater mit Noah-Gabriel und Babs mit den betenden Händen.