Money Parade

■ betr.: „Wem gehört die Masse“ u.a. (Tagesthema zur Love Parade 97), taz vom 14./ 15.6. 97

Wer die Dröhnung einer Techno-Veranstaltung heil überstanden hat, wird jede Autobahn als zartes Gesäusel und jeden Flughafen als Hort himmlischer Flötentöne empfinden.

Raver, so kann man erwarten, werden willige Gehilfen des fortschreitenden Fraßes an der Schöpfung. Das Ausbleiben des Gesanges der Vögel wird ihnen nicht auffallen, da kein Gezwitscher oder Gesumm von Bienen ihre vernarbten Trommelfelle mehr durchdringen wird. Daher ist auch die Umarmung der Love Parade durch die CDU verständlich. Raver werden sich willig auf die Globalisierungsdampfwalze setzen und sich keiner noch so perversen Zerstörung von Lebensräumen entgegenstellen – denn ihnen bleibt immer noch die elektronische Soundwelt, für deren Energieversorgung fleißig Atomkraftwerke gebaut werden. Dirk Harms, Schwerte

[...] Wir sagen kein jämmerliches Jein, sondern nur kräftige Jas! Ja zum Tiergarten und Ja zur Love Parade! Die Schäden des letzten Jahres sind ganz deutlich. Dabei geht es nicht nur um ein paar zerzauste Fliederbüsche, sondern um irreversible, großflächige Bodenverdichtung und den Eintrag von Phosphat und Nitrat in großen Mengen – die Folge ist eine dauerhafte Veränderung der Bodenvegetation zum Nachteil. Solche Schäden kann man gar nicht mit Geld rückgängig machen. Die ominösen 230.000 Mark sind nur die Kosten für den Neukauf von kleinen Busch-Babys. Das hat aber keiner gemacht, denn wer pflanzt schon für teures Geld Sträucher, wenn in wenigen Wochen die Techno-Gemeinde darüberwalzt? [...]

Wir sind auch nicht allein: der Sachverständigenrat für Naturschutz ist gegen die Route, die Dachorganisation der Berliner Naturschutzverbände ist dagegen, die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, der Bezirk Tiergarten und viele, viele BürgerInnen, die uns täglich ihrer Unterstützung versichern. Selbst in Techno-Kreisen: DJs und Raver haben sich zusammengetan und wollen eine „Free Parade“ veranstalten. Die Raver wollen nicht von den Love-Parade- Machern zur Zerstörung des Tiergartens gezwungen werden. Sie wollen Spaß haben.

Damit zur Frage, warum die Love Parade unbedingt in Berlins grüner Lunge stattfinden muß: Es liegt am Geld. Die Sponsoren, in diesem Jahr vor allem Camel und die ARD-Soap „Marienhof“ (allein die beiden zahlen über 750.000 Mark an die Love Parade GmbH), wollen das Brandenburger Tor in der Abendsonne sehen. Fernsehbilder von der Karl-Marx-Allee oder dem Kaiserdamm sind dagegen in der weiten Welt weniger eindrücklich. Eine Verlegung würde den Reibach von Motte und Co. deutlich verringern.

Wie kommt es nun zur unheiligen Allianz von CDU und den Love Parade“-Warenzeicheninhabern? Wie kann die CDU das Grillen im Tiergarten verbieten wollen und dann fröhlich eine Million unschuldiger Raver durch den Park jagen? Die Antwort ist natürlich wieder: Geld. Die Love-Parade- Macher drohten, die ganze Show platzen zu lassen.

Die Veranstalter verweigerten sich von Anfang an dem Dialog, zu dem der BUND stets bereit war. Wir haben nie an Klage gedacht. Sie ist jetzt die letzte Möglichkeit, den Tiergarten zu retten. Im übrigen läßt der BUND natürlich kein adliges Kleinkind für sich klagen. In Berlin gibt es ein Verbandsklagerecht für anerkannte Umweltverbände. Albert Wotke, Naturschutzvor-

stand BUND Berlin