■ Hosen runter: Fünf Jahre nach Rio erklären die Regierungschefs in New York den Umweltbankrott. Schon der G 8 in Denver stellte klar: Allein die Wirtschaft zählt.
: Die Stunde der Wahrheit

Hosen runter: Fünf Jahre nach Rio erklären die Regierungschefs in New York den Umweltbankrott. Schon der G 8 in Denver stellte klar: Allein die Wirtschaft zählt.

Die Stunde der Wahrheit

Das Vorspiel ging in die Hose. Der Umweltpart auf dem G-8-Gipfel in Denver endete im Streit und ohne greifbare Ergebnisse. Eine Einigung bei der Reduzierung des Klimakillers Kohlendioxid und beim Schutz der Wälder kam nicht zustande. Auch die Gründung einer mächtigen Umweltbehörde kam nicht richtig voran.

Wäre es nach Bundeskanzler Helmut Kohl gegangen, dann wäre das G-8-Meeting die Generalprobe für den heute beginnenden Umweltgipfel in New York geworden. Ohne die störende Vielfalt der Interessen, der noch jeden Weltgipfel in einen politischen Morast verwandelt hat, hätten die führenden Industrienationen am Wochenende wichtige Vorentscheidungen treffen können.

Statt dessen nervte Clinton mit Erfolgsmeldungen von Jobwunder und Wachstum. Amerika, so die Botschaft, sei das Vorbild für die Welt. Da kann Kohl angesichts von Haushaltslöchern und Europleite nur das tun, was er im Ausland so gern tut: sich als Umweltengel präsentieren. Eine angenehme Rolle, denn auf dem internationalen Parkett lauern keine Umweltschützer, die ihm wie zu Hause Punkt für Punkt sein Versagen vorhalten.

Doch diesmal machte das Vorherreiten auch Kohl keinen Spaß. Auch seine Mahnung, die Glaubwürdigkeit des Gipfels stehe auf dem Spiel, fruchtete nicht. So zeigten Japan, Kanada und die USA keinerlei Bereitschaft, dem EU- Vorschlag zuzustimmen und sich auf eine Senkung des Ausstoßes von Treibhausgasen um 15 Prozent bis 2010 einzulassen. Dabei ist gerade in dieser Frage der G 8 der richtige Ort: Dort waren die großen Kohlendioxidauspuster versammelt, wie Kohl vortrug: So lagen die USA 1994 an erster Stelle mit einem Viertel Anteil am Weltausstoß, die GUS trug 11,7 Prozent bei, Japan mehr als fünf und Deutschland gut 4 Prozent.

Schlimmer noch: Die Anteile von Japan und den USA steigen. Dabei hatten auch die USA auf dem Umweltgipfel in Rio vor fünf Jahren versprochen, bis 2000 den Kohlendioxidausstoß auf dem Stand von 1990 einzufrieren. Doch er wird um 13 Prozent steigen.

Auch bei seinem Lieblingsthema Waldkonvention mußte Kohl passen. „Ist hier nicht zu erreichen“, so sein Resümee. Dabei hatten die Industrieländer selbst bereits 1990 die Formulierung einer Waldkonvention bis spätestens 1992 angeregt. Seitdem ist nichts geschehen. So wird dieser Gipfel, direkt vor der New Yorker Versammlung „Fünf Jahre nach Rio“, vielleicht in die Geschichte eingehen wegen der Teilnahme Rußlands, aber kaum wegen umweltpolitischer Fortschritte.

Nach dem deprimierenden Auftakt ist nun kaum noch anzunehmen, daß auf der heute beginnenden Vollversammlung mehr erreicht wird. Wenn sich schon die G 8 nicht einigen kann, wird die Weltgemeinschaft sich noch schwerer tun. Dabei wäre ein Durchbruch bitter nötig: „Alles in allem ist es schlimmer geworden“, lautet schließlich der verzweifelt klingenden Sätze im Schlußdokument des New Yorker UN-Umweltgipfels, über den sich die rund 160 teilnehmenden Länder schon einig sind. Da wird auch Helmut Kohl mit seiner siebenminütigen Rede nicht mehr viel herausreißen – er spricht heute als einer der ersten in New York.

Daß Kohl mit seiner Forderung nach einer Waldkonvention bereits in Denver scheiterte, ist um so erstaunlicher, als viele Umweltverbände Kohls Vorstoß ziemlich lauwarm fanden. Damit solle in erster Linie die Waldnutzung gesichert werden, kritisiert etwa Jochen Flasbarth, Präsident vom Naturschutzbund Deutschlands. „Es klingt paradox, aber eine Waldkonvention würde den Wäldern mehr schaden als nutzen.“ Matthias Urbach